Tonnenweise Froschschenkel, lachende Schweine und die kollektive Selbsttäuschung in der Werbung für „Tierprodukte“

In Vittel, einer kleinen Stadt in den Vogesen, also quasi in meiner Nachbar*innenschaft, findet jedes Jahr die sogenannte „foire aux grenouilles“ statt. So auch am kommenden Wochenende. Der „Jahrmarkt der Frösche“ ist aber kein Fest für die Frösche oder zum Thema „Rettet die Frösche“ oder „Heute verkleiden wir uns alle als Frösche, weil das so lustig aussieht“, sondern ein Stadtfest mit Fressmeile, bei der tonnenweise Froschschenkel gegessen werden. Dafür müssen ca. 350.000 Frösche sterben.

Ich kann mich erinnern, dass ich in meiner Kindheit bei Nachbar*innen von Freund*innen hin und wieder ungewohntes Essen serviert bekam: Weinbergschnecken, Gänseleberpastete, Kaviar und eben auch einmal Froschschenkel. Ich fand das interessant und war schon immer neugierig auf neues. Erinnerungen daran, ob und wie sie geschmeckt haben, habe ich keine. Und seither habe ich mich mit dem Thema auch nicht mehr beschäftigt.
Nun habe ich heute morgen im Deutschlandfunk einen Bericht über die „foire aux grenouilles“ , das „größte Froschschenkel-Essen der Welt“ gehört und mich danach allgemein ein bischen in des Thema „Verzehr von Froschschenkeln“ eingelesen: Es ist ein grausiges Treiben aber auch ein Sinnbild dafür, was in unserer Welt grundsätzlich schiefläuft. Das geht von widerlichen (Ess-) Traditionen, zu kurz gedachtem, regionalem Umweltschutz über kulinarischen Kolonialismus, Überlastung empfindlicher Ökosysteme bis hin zu kapitalistischer Verwertungslogik und extremer Grausamkeit gegenüber nichtmenschlichen Tieren.
Ich will hier jetzt gar nicht die Details der komplexen, ökologischen Dimensionen beschreiben. Diese könnt ihr hier nachlesen und nachhören:

Deutschlandfunk: Umweltsünde und Tierleid: Größtes Froschschenkel-Essen der Welt
taz: Haute Cuisine bedroht Speisefrösche: Kein Schenkelklopfer
PDF von Pro Wildlife (englisch): Deadly Dish Role and responsibility of the European Union in the international frogs’ legs trade
PETA: Froschschenkel
Mitwelt: Froschschenkel

Aus veganer und tierbefreierischer Sicht verbietet sich der Konsum von Froschschenkeln natürlich auch und es ist eigentlich unnötig, das zu betonen. Frösche haben wie alle Wirbeltiere ein ausgeprägtes Schmerzempfinden und finden es wahrscheinlich eher ätzend, die Beine bei lebendigem Leib abgetrennt zu bekommen.

Ich will hier aber auf einen anderen Aspekt, über den ich beim Lesen zum Thema „Froschschenkel essen“ wieder mal gestolpert bin, eingehen: Ich nenne ihn mal „Das lachende Tier in der sowieso schon manipulativen Werbung für tierliche Produkte“. Vielleicht gibt es dafür ja schon einen anerkannten Fachbegriff, den ich nicht gefunden habe?
Er begegnet mir bewusst schon seit vielen Jahren und ihr kennt ihn sicher auch: Ihr geht an einer Metzgerei vorbei und und ihr seht auf dem Schaufenster ein lachendes Schwein oder tanzende und grinsende Würste. Ein Tiertransporter fährt an euch vorbei und auf dem Anhänger prangen fröhliche Kühe. Glückliche Hühner preisen ihre eigenen Eier zum Verkauf an. Und genau so wird teilweise auch für Froschschenkel geworben: Die Marke „Miss Froggy“ verkauft ihre tiefgekühlten Froschschenkel in einer Plastikverpackung, auf der ein stilisierter, lachender Frosch zu sehen ist. Das Logo des Restaurants „Grenouilles et Delices“ ist ein grinsender Frosch mit Kochhaube auf dem Kopf. Und die „foire aux grenouilles“ bewirbt ihre Veranstaltung mit Fotos eines Rotaugenfrosches, der so abgebildet ist, dass er für das menschliche Gehirn fröhlich aussieht. Das tun diese Frösche tatsächlich auf vielen Fotos und es scheint ein ähnlicher Effekt wie bei Delfinen zu sein: Sie sehen halt fröhlich aus, weil ihr Mund zu lächeln scheint. Das krasseste Beispiel hab ich vor Jahren in Form einer meterhohen Figur vor einer Dorfmetzgerei gesehen. Ein aufrecht stehendes Schwein, dessen Körper teilweise aus Würsten, Steaks, Speck und Schnitzeln bestand, schwang lachend ein Schlachtermesser gegen sich selbst. Meistens sind die Darstellungen der Tiere cartoonartig, bunt und deswegen sicherlich auch oft Kinder ansprechend.
Eigentlich wissen natürlich alle, dass die Tiere sich nicht über ihren Tod freuen, sich nicht lachend für uns in’s Messer stürzen oder sich freudig die Beine bei lebendigem Leib abschneiden lassen. Sie opfern sich nicht voller Glück für unseren vollen Magen, weil das halt so ihre Bestimmung ist. Im Gegenteil, sie haben ein Interesse daran, weiterzuleben und Leid nicht zu erfahren. Und, tatsächlich, sie können lachen (also zumindest ist das bisher bei 65 Arten nachgewiesen, u.a. bei Primaten, Hunden, Papageien und Hausrindern). Sie tun es aber in ähnlichen Situationen wie wir: Nämlich dann, wenn sie spielen, gut drauf sind und deeskalieren wollen. Und nicht, wenn sie leiden und sterben müssen.

[Hier ein paar Beispiele. Anklicken zum Vergrößern.]

Was ich nicht verstehe, ist die Motivation für diese Art der Werbung. Auf der einen Seite baut die Tierausbeutung u.a. darauf auf, dass Tieren abgesprochen wird, uns ähnlich zu sein. Ein beliebter Vorwurf von Gegner*innen des Veganismus ist, dass wir Tiere vermenschlichen, also an­th­ro­po­mor­phi­sie­ren würden. Aber genau das passiert ja hier zuhauf: Tiere sprechen, tragen Kleidung, lachen, grinsen, benutzen Werkzeug, preisen ihre eigenen Produkte und Körperteile an etc. Dann frage ich mich: Wer soll darauf reinfallen? Im Jahr 2023? Sind die Werbefritzen so doof oder naiv, dass sie sich einen positiven Effekt davon erhoffen? Bin ich so doof oder naiv, weil ich nicht glauben will, dass es wirkt? Ist es ein krampfhafter Versuch, die Realität hinter Tierausbeutung zu verstecken, quasi eine fröhliche Theatermaske, die das Grauen bedeckt? Ist es Tradition? Ist es reiner Zynismus? Trumpesker Ausdruck von „Wir können mit Tieren machen, was wir wollen, auch wenn es noch so krank ist“? Ist es Empathielosigkeit? Ich denke es ist von alldem etwas, aber hauptsächlich kollektive Selbsttäuschung, die in die Ideologie des Karnismus eingebettet ist. In ihr ist tatsächlich jedes Grauen und jede Brutalität aber eben auch jede Absurdität gegenüber nichtmenschlichen Tieren möglich und sie wird akzeptiert. Und das macht es so schwer, jeden Tag gegen diesen Normalzustand anzugehen.

Dennoch ist es wichtig, dass wir solche Praktiken kritisieren und aussprechen, dass kein Tier gerne für uns stirbt und dass die Darstellung von lachenden Tieren, die freudig in’s Schlachtermesser hüpfen, eine Lüge ist. Wir müssen, um mit Melanie Joy zu sprechen, „Zeugnis ablegen, um nicht nur als äußere Beobachter zu handeln, sondern um eine emotionale Verbindung zum inneren Erleben des anderen herzustellen.“¹ So durchbrechen wir die betäubende Normalität des Karnismus.

Until every cage is empty.


¹ aus „Warum wir Hunde lieben, Schweine essen und Kühe anziehen“ (S. 156)

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Bücher lesen: Veganarchismus – Thesen zum Verhältnis zwischen Veganismus und Anarchismus

Ganz neu erschienen ist im Verlag Graswurzelrevolution der Essay „Veganarchismus – Thesen zum Verhältnis zwischen Veganismus und Anarchismus“ von Neo C. Auf 75 Seiten setzt sich Neo mit Anarchismus und Veganismus auseinander, zeigt ihre Überschneidungen und plädiert dafür, sich explizit an Anarchist*innen richtend, im Anarchismus, Tiere bzw. Tierbefreiung immer mitzudenken.

Schon 2010 erschien im Verlag Graswurzelrevolution der Sammelband „Das Schlachten beenden!“ und zeigte anhand historischer Texte von z. B. Leo Tolstoi oder Elisée Reclus, dass Anarchismus und Tierbefreiung schon sehr früh von einigen Menschen zusammengedacht wurden. Auch andere Bücher und Texte setzten sich hin und wieder mit beiden Themen auseinander, wurden aber nie so deutlich und auffordernd wie „Veganarchismus“.

Ich hatte in den späten 1980er und frühen 1990er Jahren das Glück, dass ich durch Punk (Crass und Conflict sind hier besonders hervorzuheben), die radikale Umweltbewegung und mein persönliches Umfeld über beide Themen so ziemlich gleichzeitig gestolpert bin und irgendwie konnte ich mir das eine nie ohne das andere vorstellen. Zu naheliegend waren für mich die Parallelen und Herrschaftskritik schloss für mich immer auch die Kritik am Speziesismus mit ein.

Nach einem Vorwort, in dem Neo über Klasse und Haupt- und Nebenwidersprüche schreibt, geht der*die Autor*in erstmal grundsätzlich auf den Begriff des Veganismus ein, ordnet ihn historisch ein und zeigt seine verschiedenen Erscheinungsformen auf. Wie kommt Veganismus in der Tierbewegung (damit ist die Gesamtheit von Tierschützer*innen, Tierrechtler*innen und Tierbefreier*innen gemeint) vor und wie verhalten sich seine Spielarten zu denen der Tierbewegung.

In den folgenden vier Thesen zeigt Neo, dass der heutige Anarchismus im Angesicht seiner historischen, immer noch gültigen Grundprinzipien Herrschafts- und Hierarchielosigkeit, Dezentralität, Freiwilligkeit, Dynamik und Solidarität, der Verwobenheit der Unterdrückungs- und Diskriminierungsmechanismen im Kapitalismus, des Zusammenhangs zwischen der systematischen, normalisierten Gewalt gegen Tiere (Karnismus) und zwischenmenschlicher Gewalt und der Erkenntnis, dass in der Postmoderne mit ihren permanenten (ökologischen) Krisen Anarchismus nicht mehr anthropozentristisch sein kann und darf, mindestens den Veganismus und am besten die Tierbefreiung beinhalten muss.

Zum Schluss geht Neo auf drei hypothetische Argumente von Seiten der Anarchist*innen ein, die mir so oder sehr ähnlich auch schon vorgetragen wurden. Neo setzt sich mit dem Vorwurf der Bevormundung auseinander: Wie ist die Forderung nach einer veganen Lebensweise mit radikaler Freiheit, die der Anarchismus angeblich verspricht, vereinbar? Ist Veganismus ein Luxus-Lifestyle von weißen Mittelstandskiddies, also exklusiv und klassistisch? Und zuguterletzt beantwortet Neo die Frage, ob Veganismus nicht bloße verkürzte Kapitalismuskritik sei à la „Wenn wir nur alle das Richtige kaufen, wird alles gut“. Neo geht empathisch und sachlich auf diese Fragen ein und bringt nachvollziehbare und unaufgeregte Antworten.

Im Fazit fordert der*die Autor*in kritische Leser*innen (also Anarchist*innen, die nach dem Lesen dieses Essays immer noch stur bleiben „Zwinkersmiley“ ) auf, sich mit ihren Einwänden per Email zu melden. Es wäre cool, wenn diese Korrespondenz – so es sie denn geben wird – irgendwie zugänglich gemacht werden würde.

Alles in allem ein sehr lesbarer Band, der Lust macht auf mehr Texte von Neo C. zur Synthese von Anarchismus und Veganismus und Tierbefreiung.

Neo C.

Veganarchismus
Thesen zum Verhältnis zwischen Veganismus und Anarchismus

79 Seiten

ISBN 978-3-939045-48-9

10,90 Euro

Reihe »Auf den Punkt«

[Meine bisherigen Texte mit dem Tag Vegan/Tierrechte/Tierbefreiung findet ihr hier.]

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Die letzten drei Atomkraftwerke in Deutschland sind ausgeschaltet

Nach 63 Jahren laufender Atomreaktoren wurden gestern die letzten drei verbliebenen AKWs Neckarwestheim 2, Isar 2 und Emsland in Deutschland abgeschaltet.

Die Geschichte der Nutzung der Atomenergie ist ohne den massiven und über Generationen anhaltenden Widerstand gegen sie nicht denkbar. In Whyl, Brokdorf, Wackersdorf und bei den langjährigen Protesten gegen die Castortransporte wurden unzählige Menschen politisiert, spürten Selbstwirksamkeit und Solidarität in einer immer krasser durchkapitalisierten und entsolidarisierten Gesellschaft und erkannten, dass es so wie es ist, nicht bleiben darf.

Die Katastrophe von Fukushima beschleunigte den Ausstieg: Unter der Merkelregierung wurde er im Angesicht der Kernschmelze in Japan im Jahr 2011 beschlossen und nun endlich gegen den Widerstand unbelehrbarer Marktradikaler und faktenresistenter Jammerlappen umgesetzt.

Geradezu zynisch mutet es an, dass heute im finnischen Eurajoki der mächtigste Atomreaktor Europas in Betrieb genommen wurde. Mit Zustimmung der dortigen Grünen soll die Atomkraft noch weiter ausgebaut werden und das unter dem Deckmantel des Klimaschutzes. Weltweit befinden sich dutzende AKWs im Bau und der Planung. Und deutsche Konzerne verdienen sich weiterhin eine goldene Nase dabei.

Wir sind immernoch erst dann zufrieden, wenn alle Atomanlagen weltweit abgeschaltet sind.
Solidarität mit den Widerständischen überall.

 

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Das linke Medienkollektiv LZO Media

linksunten fehlt mir immer noch und bisher gibt es meiner Meinung nach keinen adäquaten Ersatz im deutschsprachigen Raum.

Barrikade, Emrawi, für kurze Zeit der Schwarze Pfeil, das altehrwürdige, aber kaum nutzbare und genutzte Indymedia Deutschland und einige andere sind wichtige und gute Seiten, kommen aber nicht an das 2017 verbotene linksunten ran. Allein die gut moderierte und genutzte Kommentarfunktion war ein wichtiger Teil der Open Posting Plattform. Zumindest wurde die Seite topp archiviert und ca. 10 Jahre linksradikaler und anarchistischer Politik wurden somit für die Nachwelt erhalten.

Im Zuge der Berichterstattung zum 4. März in Offenburg bin ich auf ein realtiv junges aber doch schon seit Anfang September 2021 bestehendes linkes Medienprojekt LZO Media gestoßen: Ging mir bisher völlig durch die Lappen.

Der Bericht über den 4. März in Offenburg von Armilla Brandt ließt sich gut und er ist solidarisch. Richtig gute Fotos runden das Ganze ab. Gerne mehr davon.
Der Schwerpunkt der Artiklel liegt in Ostdeutschland aber auch Artikel aus Ba-Wü, Bayern, Paris, Niedersachesen, Hamburg, Nordrhein-Westfalen gibt es.
Es gibt auch eine Kommentarfunktion, die aber so gut wie gar nicht genutzt wird. Eventuell liegt das daran, dass die Seite einfach noch zu unbekannt ist.

Ich bin gespannt, was aus dem Projekt wird.

P.S.: Ich werd mal das Kollektiv anschreiben, um herauszufinden, was denn „LZO“ bedeutet…

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Razzia in Karlsruhe wegen geleakter Bullendokumente

Am Donnerstag, 16.03.2023 gab es in Karlsruhe eine Hausdurchsuchung im Zusammenhang mit der Demo gegen den AfD-Landesparteitag am 4. März in Offenburg. Kurz nach der Demo wurde ein 36-seitiges PDF-Dokument der Offenburger Bullen mit vielen Klarnamen, Telefonnummern und anderen, nicht für die interessierte Öffentlichkeit bestimmte Informationen auf Indymedia Deutschland gepostet. Inzwischen ist es wieder verschwunden.

Das OAT Karlsruhe schreibt:

Hausdurchsuchung bei Antifaschist:innen

Heute gab es bei Antifaschist:innen in Karlsruhe eine Razzia. Um 06:00 Uhr morgens stürmten 16 Bullen, davon elf bewaffnete BFE‘ler die Wohnung mit Hilfe eines Rammbocks und fesselten mit Maschinenpistolen im Anschlag einen Genossen auf seinem Bett. Vorwurf ist die Unterschlagung von polizeiinternen Dokumenten im Zusammenhang mit den Antifaprotesten gegen den AfD-Landesparteitag am 4. März in Offenburg und deren Veröffentlichung auf indymedia.

Bei der zirka zwei Stunden andauernden Hausdurchsuchungen wurden dem betroffenen Genossen sämtliche elektronische Geräte, Speichermedien, Werkzeuge und ein Sportgerät weggenommen. Anschließend an die Durchsuchung wurde der Genosse mit Handschellen abgeführt und auf der Polizeiwache erkennungsdienstlich behandelt.

Dass in der dieser Sache der Staat mit solcher Härte vorgeht, zeigt uns dass die Offenburger Bullen ganz schön unter Druck stehens. Nachdem sie bereits bei der Auseinandersetzung auf der Straße in Offenburg in die Bredouille gekommen waren, wurden sie durch die öffentliche Berichterstattung in verschiedenen Medien (https://bnn.de/mittelbaden/ortenau/randale-in-offenburg-verschwundene-unterlagen-tauchen-im-internet-auf) Rund um ihre Daten-Panne weiter blamiert. Jetzt versuchen Sie durch ihr rabiates Vorgehen gegen unsere Bewegung ihr Verhalten im Nachgang zu legitimieren.

Uns wundert das schon lange nicht mehr, sondern zeigt uns doch sehr offensichtlich auf welcher Seite der Staat im Kampf gegen Rechts steht – nämlich auf der Seite der Rechten, wenn mit einem schier unerschöpflichen Aufgebot rechte Veranstaltungen geschützt und Antifaschist:innen verfolgt werden.

Heute hat der Repressionsapperat nicht nur hier bei uns in Karlsruhe zugeschlagen, sondern auch in Thüringen und Sachsen. Dort wurden im Zusammenhang mit einem Angriff auf Faschos am Rande eines Neonazitreffens in Budapest heute ebenfalls Wohnungen von mehreren aktiven Antifaschist:innen durchsucht.

Wie immer gilt auch heute: Getroffen mag es wenige haben, aber gemeint sind wir alle! Daher lassen wir uns natürlich von solchen Angriffen nicht einschüchtern, sondern werden weiter entschlossen gegen Faschos aller Art vorgehen und den Angriffen auf uns kollektiv begegnen. Anlässe dazu gibt es derzeit genug: Kommt alle am Freitag um 17:30 Uhr nach Durlach vor die Karlsburg zu den Protesten gegen die dortige AfD-Veranstaltung und am Samstag zur Kundgebung am Tag der politischen Gefangenen um 15:30 Uhr auf den Werderplatz.

Solidarische Grüße an alle von Repression betroffen Antifaschist:innen!

Freiheit für alle politischen Gefangen!

Solidarität mit den Betroffenen!

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Demo zum Frauenkampftag in Offenburg: „Frauen–Leben–Freiheit–Überall!“

Über 100 Menschen nahmen an der gestrigen Demo zum Frauenkampftag in Offenburg unter dem Motto „Frauen–Leben–Freiheit–Überall!“ teil. Aufgerufen hatte das Frauennetzwerk Offenburg.

Nach einer kurzen Auftaktkundgebung am Offenburger Bahnhof ging die Demo mit einer Zwischenkundgebung am Konsumtempel Ree Carre zum Rathausplatz, wo die Abschlusskundgebung stattfand. In Reden wurde z. B. auf das immer noch eklatante Gender Pay Gap, die Frauen*-Revolution in Iran und die systematische Ungleichbehandlung von Frauen in Politik und Wirtschaft eingegangen.
Optisch und in den Parolen wurde die Demo von jungen intersektionalen, klassenkämpferischen, herrschaftskritischen, queeren und FLINTA*-Feminist*innen dominiert. Diese organisierten im Anschluss noch eine kleine Spontandemo über den Lindenplatz zum Klostergymnasium. Über 50 Menschen schlossen sich der Demo an. Hier wurde radikale Kritik, auch in spontanen Redebeiträgen, an den Verhältnissen geübt, der Zusammenhang von Kapitalismus und Patriarchat aufgezeigt und Erfahrungsberichte mit Cis Hetero-Mackern und Catcalling geteilt. Auch wurde die Gelegenheit genutzt, eine Rede zum Antifeminismus und Rassismus der AfD zu halten, die am 4. März aufgrund der Bullengewalt leider ausfallen musste.
Im Anschluss gingen viele der Anwesenden zum Antirepressionstreffen im Linken Zentrum R12, das Betroffenen der Bullengewalt vom 4. März die Gelegenheit bot, sich zu informieren und zu vernetzen.

Alles in allem eine mal wieder entspannte Demo in Offenburg, die gezeigt hat, dass die junge linke Szene in der Stadt divers ist und einen fortschrittlichen Feminismus vertritt.

Smash Patriarchy!

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Menschen sterben und ihr schweigt, Scheiben klirren und ihr schreit: Zum Nachhall auf die Demo gegen das Treffen der Rassist*innen von der AfD in Offenburg

Menschen sterben und ihr schweigt, Scheiben klirren und ihr schreit“: So ungefähr fühlt es sich an, die lokale Presse nach dem 4. März zu lesen.

Die Fassade der Oberrheinhalle und der Asphalt davor erhielten ein paar rote Farbkleckse, Transparente waren zusammengeknotet, die Demo lief eine viertel Stunde zu früh los, der Verkehr war noch nicht geregelt…lächerliche Ausreden, um in der Öffentlichkeit die Bullengewalt gegen die Antifa-Demo zu rechtfertigen.

Klar, aus Sicht der Behörden sind Farbbeutel gegen eine Fassade Sachbeschädigung. Das Verknoten der Transparente war ein Verstoß gegen die Auflagen für die Demo. Durch das zu frühe Loslaufen der Demo fühlten die Bullen sich provoziert. Auf der Straße war wenig los, sonst hätte die Demo ja gar nicht ohne Probleme auf sie einbiegen können. Die Gewalt fing an, als die Bullen die Demo auf Teufel komm raus aufhalten wollten. Anstatt spontan auf die Situation sinnvoll zu reagieren, nämlich ihren scheiß Job zu machen, sprich, den Verkehr zu regeln, entschieden sie sich dafür, den Knüppel aus dem Sack zu lassen und das zu tun, was wir schon so oft erlebt haben. Erst jetzt wehrten sich die Leute aus der Demo gegen die Tonfaschläge und Kampfstiefeltritte gegen ihre Schienbeine. Das bestätigt auch ein Artikel von Die Zeit.

Aber eigentlich halte ich dieses „Wer hat angefangen“ – „Du!“, „Nein, Du!“ – für wenig zielführend. Ich halte es für völlig legitim, einen Ort, an dem sich Faschist*innen versammeln und gegen andersdenkende Menschen hetzen, mit Farbe zu markieren. Ich halte es für völlig in Ordnung, dass Menschen selbst bestimmen, wann sie eine Demo beginnen. Ich denke, dass wir auf Demoauflagen scheißen sollten und selbst entscheiden, ob wir Transpies zusammenknoten, Pyro und Rauchtöpfe einsetzen, uns schwarz kleiden und vermummen. Und ja, ich weiß, dass das in der Realität nicht einfach bis unmöglich ist, gerade in so einer kleinen Stadt wie Offenburg, aber ich halte es dennoch für richtig. Demoauflagen dienen nur einem Zweck: Uns zu kontrollieren, zu schikanieren und uns eben im Zweifelsfall eine Demo zu verbieten. Wir haben keine Chance in diesem Spiel von Recht und Ordnung, wo die Regeln von den Mächtigen gemacht und von einem militarisierten Polizeiapparat durchgesetzt werden. Darum ist es richtig, zu versuchen, selbstbestimmt zu demonstrieren, auch wenn wir dabei ihre Regeln brechen.

In den letzten drei Jahren fanden deutschlandweit hunderte Demos der sogenannten Querdenker*innen und Spaziergänger*innen statt. Auch in der Ortenau und in Offenburg, auch in dem Dorf, in dem ich lebe. Trotz der anfänglich noch sehr gefährlichen pandemischen Lage und entsprechender Demo-Verbote durften diese unbehelligt – immer wieder unter dem Applaus der Bullen und mit dem Wohlwollen von Politiker*innen – marschieren und sich und andere munter mit Covid 19 anstecken, den Holocaust relativieren und Menschen bedrohen. Es gab z. B. Schwurbeldemos ohne Masken, gegen die Antifas mit Masken protestierten. Die Bullen gingen gegen die Antifas vor. Diese offensichtliche Ungleichbehandlung sticht krass ins Auge und mensch darf sich schon fragen, was dahinter steckt. Ich sehe darin nicht unbedingt eine Parteinahme für die Schwurbler*innen, aber sehr wohl eine Ablehnung gegenüber der antifaschistischen Bewegung. Und die ist ja nicht neu. Ich habe ähnliche Situationen wie am 4. März in den letzten über 30 Jahren unzählige Male erlebt und eigentlich müsste es mich inzwischen kalt lassen, tut es aber immer noch nicht. Es kotzt mich an, dass Menschen, die Antifaschismus leben und als eine Grundlage für ihr politisches Handeln nehmen, unterdrückt und bestraft werden.

Die Afd treibt die anderen Parteien vor sich her und schafft es immer wieder, dass diese, aus Angst Wähler*innenstimmen an die Rechten zu verlieren, deren Sprache übernehmen und ihre Forderungen erfüllen. Geflüchtete ertrinken täglich im Mittelmeer, werden von Frontex und Co. rechtswidrig zurückgedrängt und ihres Rechts auf Asyl beraubt. Menschen werden täglich in ihre „Herkunftsländer“ und in den Tod abgeschoben. Immer wieder kommt es – 78 Jahre nach dem Ende des Dritten Reichs – zu faschistischen Anschlägen im Land der Täter*innen und die Stichwortgeber*innen sind die AfD und andere Nazis. Am 4. und 5. März hat die AfD an neuen Stichworten für ihre Erfüllungsgehilfen gefeilt. Die SPD, die Grünen, die CDU, die FDP sind ihre Steigbügelhalter*innen.
Und den Stadtoberen, namentlich OB Steffens, und anderen Heuchler*innen fällt nichts Besseres ein, die Bullengewalt gegen Linke zu loben und gegen Genoss*innen zu hetzen. Und genau hier passt der alte Spruch „Menschen sterben und ihr schweigt, Scheiben klirren und ihr schreit“ rein. Auch wenn wortwörtlich keine Scheiben zu Bruch gingen…aber das kann ja noch kommen.

Ich solidarisiere mich mit allen Betroffenen der Bullengewalt vom 4. März. Ihr habt nichts falsch gemacht.

Faschismus bekämpfen!
Seine Wurzeln vernichten!

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Erstes Vernetzungstreffen nach der Bullen-Repression vom 4. März in Offenburg

[Solid lädt zu dem Treffen ein, Originalbeitrag hier] Input und Austausch – nach Repressionen gegen Anti-AfD Demo am 04. März

Am 4.3.2023 wurde die antifaschistische Demonstration gegen den Landesparteitag der AFD, gegen rechte Hetze durch unkooperatives Verhalten der Polizei behindert und schließlich aufgelöst.

Wir laden alle Demonstrant*innen, die auf der Demo gegen die AFD der polizeilichen Repression ausgesetzt waren, zu einem offenen Austausch über die Geschehnisse und mögliche Rechtshilfe ein.

#og23 # og0403 #fckafd #keinmenschistillegal #Ortenau #fcknzs #awareness

Im Linken Zentrum R12, Offenburg
14 Uhr, Samstag, 11. März

 

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Rote Hilfe Freiburg: Repression gegen antifaschistischen Protest in Offenburg / Hinweise für Betroffene

[Originalbeitrag hier] Am 04. März führte die AfD ihren Landesparteitag in Offenburg durch. Die Polizei stoppte gewaltsam eine antifaschistische Demonstration, kesselte den Demonstrationszug ein und erteilte allen Teilnehmer:innen einen Platzverweis. Aktuell wird gegen Antifaschist:innen wegen diverser Delikte ermittelt.

In den letzten Jahren zeigt die Polizei nach größeren antifaschistischen Aktionen einen enormen Ermittlungseifer. Unter Umständen muss mit Hausdurchsuchungen, polizeilichen Vorladungen oder Strafbefehlen gerechnet werden. Wir empfehlen allen Betroffenen dringend die Rote Hilfe Flyer zum „Strafbefehl“, zur „Hausdurchsuchung“, sowie unsere allgemeine Broschüre „Was tun, wenn‘s brennt“ durchzulesen.

Aus rechtlichen und politischen Gründen solltet ihr von eurem Recht auf Aussageverweigerung gebrauch machen!

Falls ihr eine polizeiliche Vorladung, einen Strafbefehl, einen Bußgeldbescheid oder eine Anklageschrift erhaltet, meldet euch bitte umgehend bei eurer lokalen Rote Hilfe Ortsgruppe oder Anti-Repressionsgruppe.

Hingewiesen sei auch noch auf das Spendenkonto für antifaschistische Aktivist:innen aus der Region Südbaden:

Inhaber: Rote Hilfe OG Freiburg
IBAN: DE47 4306 0967 4007 2383 64
BIC: GENODEM1GLS
Spendenzweck: Antifa Freiburg und Suedbaden

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Das war die Demo gegen den Landesparteitag der AfD in Offenburg

„Antifa Area – No Cops, No Nazis“: Eine schöne Vorstellung und wichtiger Teil meiner Utopie von einer befreiten Gesellschaft. Leider sah es am Samstag in Offenburg ganz anders aus: Die gesamte Stadt war mit einem enormen Bullenaufgebot zugeschissen: Cops everywhere. Und in der Oberrheinhalle trafen sich 400 Nazis und solche, die nicht so genannt werden wollen, aber sprechen und handeln wie diese: Nazis in the Oberrheinhalle.
Mehr als 1400 Menschen gingen gegen dieses Treffen, den Landesparteitag der rassistischen Partei AfD, auf die Straße. Von den Bullen geschützt, konnte die AfD in der Oberrheinhalle tagen, während draußen auf der einen Seite die parlamentarische Demokratie abgefeiert wurde und auf der anderen versucht wurde radikalere Kritik an den Zuständen zu äußern. Die anschließende Antifa-Demo wurde von den Bullen im Keim erstickt und es kam zu massiver Repression.

Im Vorfeld kam es in Offenburg zu einer kontroversen Diskussion: Wie kann es sein, dass die „Freiheitsstadt“ Offenburg – hier wird immer wieder auf die Rolle der Offenburger Versammlung 1847 während der badischen Revolution Bezug genommen – der rechtsextremen Partei AfD die Oberrheinhalle für ihre Hetzveranstaltung vermietet? Die Halle gehört zur Messe Offenburg-Ortenau GmbH, einer stadteigenen Firma, deren Aufsichtsratsvorsitzender der Offenburger Oberbürgermeister Marco Steffens von der CDU ist. 2020 hatte der Offenburger Gemeinderat gegen die Stimmen der drei AfD-Typen Maygutiak, Weißenrieder und Fey folgendes beschlossen: „Wer als zugelassene politische Partei oder Gruppierung einen Raum oder eine Halle der Stadt oder ihrer Tochtergesellschaften mieten will, darf dort keine extremistischen Inhalte verbreiten. Andernfalls kann eine erneute Vermietung versagt werden.“ Steffens sah sich großer Kritik ausgesetzt, weil die Halle nun doch an die vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall eingestufte Landes-AfD vergeben wurde, schwieg dazu aber wochenlang und weigerte sich, es auf einen Rechtsstreit mit den Nazis ankommen zu lassen. Seiner Meinung nach sei die Zivilgesellschaft gefordert, „Flagge zu zeigen“. Er selbst posierte am Samstag lieber mit anderen Lokalpolitiker*innen auf einer Veranstaltung im Salmen für ein Foto, auf dem er ein Plakat mit der Aufschrift „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ in den Händen hält. Ein Hohn für alle Menschen, deren Würde im Mittelmeer durch die Politik der CDU Steffens mit Füßen getreten wird. Ein Hohn für alle Menschen, denen ihre Würde von den Hetzer*innen der AfD in genau diesem Moment in der Oberrheinhalle abgesprochen wurde. Aber hey, das ist ja alles demokratisch legitimiert…

In wenigen Wochen organisierten zwei Bündnisse den Protest gegen den Landesparteitag. Aufstehen gegen Rassismus (AgR) sprach Parteien, Gewerkschaften und die Bürger*innen Offenburgs an, während das Antifa-Bündnis landesweit mobilisierte. Es kamen über 1400 Menschen.
Eine erste Spontandemonstration vom Offenburger Bahnhof mit mehreren hundert Antifas war ein guter Auftakt und setzte radikale Akzente. Ohne Behinderung durch die Bullen, observiert von einem Bullen-Helikopter konnten wir durch die Fußgänger*innenzone und über den Wochenmarkt zur gemeinsamen Auftaktkundgebung auf dem Rathausplatz gelangen.
Hier waren schon hunderte von Menschen versammelt: AgR, Parteianhänger*innen der SPD, von den Grünen, deren Parteijugend-Organisationen, Gewerkschaften, die VVN/BdA, organisierte Antifaschist*innen und viele Einzelpersonen. Wie eigentlich immer bei Nazi-Treffen in der „Freiheitsstadt“ zeigte sich auch an diesem Tag, dass viele Offenburger*innen zumindest diesen Minimalkonsens haben: Gegen Rechts bewegen wir unsere Ärsche.

Nach einigen Reden von verschiedenen Funktionär*innen, setzte sich die Demo in Richtung Oberrheinhalle in Bewegung. Vorne weg marschierte, sich am Frontranspie „Solidarität statt rechter Hetze“ festhaltend, Bundestagsabgeordneter Johannes Fechner von der SPD. Dieser ließ noch am 9.02.2023 auf seiner Website folgendes verkünden: „Illegale Migration insbesondere bei Schlepperbanden muss laut Fechner viel stärker bekämpft werden. Dazu gehört auch, dass die EU-Außengrenzen schärfer kontrolliert werden. Durch Druck auf Länder wie Serbien sei mittlerweile verhindert worden, dass Flüchtlinge aus Afrika und Arabien einreisen und von dort weiter nach Deutschland reisen.“ Warum war Fechner vor und nicht in der Halle?

An der von den Bullen massiv geschützten Oberrheinhalle angekommen, kam es gleich mal zu Rangeleien an den Absperrgittern, weil Transpies über die Gitter drapiert wurden. Erlaubt sei nur, diese auf der Seite der Demo anzubringen. Hier stellten sich dann auch schon Bullen auf Pferden bereit.
Nun begann ein Redenmarathon, bei dem sich u. a. Vertreter*innen mehrerer (Regierungs-) Parteien und ihrer Jugendverbände die Klinke in die Hand drückten. Eine Rede war schlimmer als die andere, die von Fechner am ekligsten. Was machte ich eigentlich hier? Ständig wurde auf die „Freiheitsstadt Offenburg“ hingewiesen. Wir mussten uns parteipolitische Geplänkel anhören, in denen der CDU, FDP und den Freien Wähler*innen vorgeworfen wurde, dass sie heute nicht hier seien. Ja, wärt ihr doch auch nur zuhause geblieben. Die AfD wurde für schuldig befunden, dem Image Deutschlands zu schaden. Äh, durch die Hetze der AfD sterben Menschen. Dem Image Deutschlands zu schaden, ist u. a. unsere Aufgabe. Und immer wieder wurde hervorgehoben, wie wichtig es sei, die parlamentarische Demokratie und ihre Werte gegen ihre Feind*innen zu verteidigen. Aber Moment mal, ist die Partei in der Halle nicht auch ein Teil genau dieser Demokratie? Wurde sie nicht von ca. einem Zehntel der Menschen in Baden Württemberg gewählt? Also von ungefähr so vielen, wie die SPD und die FDP gewählt hatten? Und inwiefern nochmal unterscheiden sich die Parteien vor der Halle von der in der Halle? Farblich? Inhaltlich? In ihrem Handeln? Ich war schon ganz durcheinander. Da half es auch nicht, dass der Redner von Die Partei eine Rede hielt, die angeblich von der KI ChatGPT geschrieben worden war. Zumindest war das ein bisschen lustig.
Die Rede des Vertreters des Antifa-Bündnisses war zwar inhaltlich besser, weil sie auf die oben angerissenen Widersprüche einging, radikale Kritik an den Parteien und den Verhältnissen übte, selbstkritisch war und versuchte zukunftsweisende Ideen für zukünftige antifaschistische Kämpfe zu formulieren, aber sie war einfach viel zu lang. Sie kam zumindest bei vielen der Anwesenden nicht gut an, was mir gefiel. Einigen Parteileuten fiel die Kinnlade runter. Das zu sehen tat gut.
Kritik wurde auch auf Hochtranspies sichtbar gemacht. So war z. B. „SPD und Grüne = Abschiebungen und Polizeigesetze“ u. ä. zu lesen. So wurde deutlich, dass die Parteien einiger anwesender Menschen, genau das umsetzen, was AfD und Co. fordern. Eine ähnliche Situation wie in den 1990er Jahren, als CDU/CSU und SPD z. B. das „Das Boot ist voll“-Gerede der Partei Die Republikaner übernahmen und 1993 faktisch das Recht auf Asyl gegen massiven Widerstand in der Gesellschaft abschafften.

Kurz nach 13 Uhr wurde die Demo von einer AgR-Sprecherin für beendet erklärt und die Antifa-Demo formierte sich. Von den meisten völlig unbemerkt konnten ein paar farbliche Akzente an der Fassade der Halle platziert werden. Als die Demo, der sich viele Menschen anschlossen, zügig auf der L99 direkt vor der Halle ankam und weiterlaufen wollte, versuchten dies einige übereifrige Bullen zu verhindern. Schnell wurde die Situation unübersichtlich und chaotisch. Bullen droschen mit Tonfas in die erste Reihe, entwendeten Transpies und Fahnen und traten mit ihren Kampfstiefeln in Schienbeinhöhe in die Transpies. Sie wurden vor der Demo hergetrieben. Diese konnte noch ca. 180 m bis in Höhe des Burda-Towers marschieren, bevor sie dann zum Stehen kam: Eine große Anzahl behelmter Bullen verhinderte ein Weiterkommen. Es kam zu Auseinandersetzungen, mehrer Antifas wurden verletzt und mussten von den anwesenden Demosanis behandelt werden. Ein Bulle bekam eine Feuerlöscherladung ins Gesicht und ging zu Boden. Auch er wurde von den Demosanis versorgt.
Der vordere Teil der Demo wurde nun gekesselt: Um die 400 Leute waren nun für viele Stunden von Bullen umzingelt, von denen bis nach 20 Uhr abends und bei Eiseskälte die Personalien aufgenommen wurden. Solidarische Menschen brachten Getränke, Essen und Rettungsdecken in den Kessel. Immerhin karrten die Bullen schon am Vormittag bereit stehende mobile Klos herbei. Einige Genoss*innen wurden mit Handschellen weggebracht, 200 Leute bekamen Platzverweise und es wird nun gegen 20 Antifas wegen schwerem Landfriedensbruchs, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamt*innen und Körperverletzung ermittelt.

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Es war ein anstrengender und für viele sicher ein ätzender Tag: Wer will schon stundenlang in einem Bullenkessel stehen, wer gibt schon gern seine Personalien ab und bibbert  nun, ob demnächst Post von der Staatsanwaltschaft in’s Haus geflattert kommt. Der 4. März 2023 wird für viele Menschen Repressionen nach sich ziehen. Falls ihr im Kessel wart, vernetzt euch mit anderen Betroffenen, wendet euch an die Rote Hilfe oder andere organisierte Gruppen in eurem Umfeld. Es ist besser gemeinsam und solidarisch durch so eine Situation zu gehen.

Es war wichtig, dass ihr alle da wart: Die AfD darf in keiner Stadt unwidersprochen, ihre Hetze verbreiten. Auch wenn es nervt: Wir müssen ihr unsere Utopien von einer befreiten Gesellschaft jenseits von Staaten und Kapitalismus entgegenhalten. Wir dürfen den Faschist*innen, seien es nun demokratisch legitimierte oder nicht, nicht das Feld überlassen.

Alerta Antifascista!

 

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