bücher lesen 1

errico malatesta – ungeschriebene autobiographie

diese besondere autobiographie ist 2009 bei edition nautilus in der reihe flugschriften erschienen. besonders ist sie deswegen, weil es eben keine echte autobiographie ist, da malatesta nie eine geschrieben hat. autobiographisch ist sie aber dennoch, da sie aus von malatetsa verfassten schriften und briefen an genoss_innen und freund_innen besteht. und nach jedem brief folgt eine anmerkung der herausgeber, die den text historisch einordnet und näher erklärt.

das buch ist sehr lesenswert. nicht nur weil es malatestas außergewöhnliches, wildes und spannendes leben beschreibt, sondern auch weil hier andere zeitgenössische anarchist_innen immer wieder auftauchen: bakunin, rocker und unzählige eher unbekannte. wir bekommen einen hautnahen einblick in die großen jahre des anarchismus.

malatesta führte ein langes politisches leben, das ihn schon in jugendjahren zum anarchisten werden ließ. es trieb ihn durch halb europa, nordafrika und südamerika. immer agitierend, für die revolution arbeitend und oft auf der flucht vor den behörden aller möglichen länder. wir werden zeugen haarsträubender revolutionsversuche, wilder kämpfe und nie versiegender lust am anarchismus.

nebenher war er stets darum bemüht, bescheiden und auf dem boden zu bleiben, was ihm sicher nicht immer leicht gefallen sein dürfte, da er unter anderem „der lenin italiens“ genannt wurde und schon zu lebzeiten lieder über ihn verfasst wurden. er war ein hochverehrter genosse der weltweiten anarchistischen bewegung und gefürchtet von seinen politischen gegnern.

der letzte teil des buches beschreibt die machtübernahme der faschisten unter mussolini in italien, die verfestigung der diktatur, die aufkommende zensur und die dauerüberwachung unter der malatesta bis zu seinem tode in rom leiden musste.

anarchist blieb er bis zum ende.

malatesta war schon immer mein lieblingsanarchist. dieses buch bestätigt dies.

errico malatesta – ungeschriebene autobiographie
nautilus flugschrift/edition nautilus
isbn 978-3-89401-594-7
14,90 €

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tunesien > ägypten > jemen …

in tunesien geht es weiterhin hoch her: die alte garde ben alis trat zwar bis auf den ministerpräsidenten ghannouchi geschlossen von allen regierungsämtern zurück aber die zensur greift immer noch um sich. viele webseiten und ein fernsehsender wurden gesperrt.

und die menschen sind immer noch auf den straßen und vor dem regierungssitz trotz nächtlicher ausgangssperre und polizeiterror. unterstützt werden sie von der karawane der befreiung, die in sidi bouzid, wo alles begann, gestartet ist.

seit dem 24. januar sind auch zehntausende von menschen in ägypten auf den straßen, um gegen das ätzende regime unter husni mubarak zu protestieren. aufgeschreckt durch die revolution in tunesien geht die polizei mit aller härte gegen die menschen vor. doch die lassen sich nicht einschüchtern. sie wollen genau wie in tunesien ihre ungewollten führer in die wüste schicken. daran ändern auch die armee, ausgangssperren, tränengas, gummigeschosse und ein nahezu lahmgelegtes internet nichts. fliegende steine,  autos, polizeipanzer und gebäude der regierungspartei, die in flammen aufgehen und gefangenenbefreiung aus polizeikasernen zeigen eine ungeahnte entschlossenheit der demonstrant_innen.

und nun gehts auch dem jemenitischen diktator saleh an den kragen. zehntausende forderten seinen rücktritt. auch hier bezogen sich die parolen auf die geschehnisse in tunesien.

yeah!
raus in die straßen.
jetzt.

linx:
taz (1, 2, 3)
telepolis (1, 2, 3)
tagesschau
labournet
al jazeera (english)

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quo vadis al-dschumhūriyya at-tūnisiyya?

das regime in tunesien wurde gestürzt. die ersten exilant_innen kehren zurück. die ersten versuche, eine neue regierung zu bilden, sind gescheitert. und die proteste gehen weiter…

…diese richten sich vor allem gegen die tatsache, dass sich nach wie vor die alten seilschaften der rassemblement constitutionnel démocratique (rcd) an der macht halten: ben alis geist ist noch putzmunter.

die menschen auf den straßen tunesiens sehen eines ganz deutlich: kein einziges der probleme, die die revolution ausgelöst haben, wurde angegangen, geschweige denn gelöst. sie misstrauen den alten mechanismen. aber was kann an deren stelle treten? andere führer_innen? andere parteien?
„die demonstranten haben das recht, auf die straße zu gehen, aber ich frage mich, was ist die alternative? dass die armee die staatsgeschäfte übernimmt?“ so die sprecherin der fortschrittlich demokratischen partei (pdp). es ist schon mal nett, dass sie den menschen das recht zugesteht, auf die straße zu gehen und für ihre freiheit zu demonstrieren. warum aber gesteht sie den menschen nicht das recht zu, selbst über ihre geschicke zu entscheiden? drohend baut sie das bild einer militär-regierung auf, um angst zu erzeugen und ihr eigenes handeln in ein gutes, demokratisches licht zu rücken.
vielleicht haben die menschen aber gar keine lust mehr auf das theater eines parlamentes, in dem doch immer die gleichen schmierenkomödien aufgeführt werden unter wechselnder besetzung. ansätze der selbstverwaltung zeigen sich in den nachbarschaftlichen komitees, die gegen die nach wie vor umherstreunenden milizen schutz organisieren.

ein immer größerer faktor der umwälzung in tunesien scheint der gewerkschaftsbund ugtt zu werden. seine vertreter-innen verließen die übergangsregierung aus protest gegen die ben-ali-rückstände im kabinett [auch hierzu sind die labornet-seiten zu tunesien zu empfehlen].

sogar konservative medien schreiben inzwischen von einer revolution. doch was macht eine revolution aus? das ersetzen der alten regierung durch eine andere? wie lange würde es dauern, bis die neuen führer_innen alte ben alis würden? für die diktatorischen nachbarregimes und die besorgte eu (die bisher sehr gut mit ben alis methoden gefahren ist…) wäre genau das eine erstrebenswerte entwicklung. die nachbarregimes wären stabilisiert und die eu könnte weiterhin nordafrika als auffangbecken für flüchtlinge ausbauen.

die revolution in tunesien geht weiter.
wann startet sie bei uns durch?

lest weiter:
indymedia linksunten
telepolis
taz
jungle world
artikel zur revolution in tunesien auf wikipedia

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ein diktator auf der flucht…

während ben ali und seine familie das land verlassen haben, plündern polizisten und ex-häftlinge, die scheinbar extra zu diesem zweck entlassen wurden, die supermärkte.

wie geht es nun weiter in tunesien, nachdem es die menschen dort geschafft haben, den verhassten regierungschef und seine clique zum teufel zu jagen? werden sie sich selber vom regen in die traufe begeben? immerhin ist der interims-obermotz ein enger vertrauter von ben ali, auch wenn er inzwischen gespräche mit oppositionellen aufgenommen haben soll.

sozialistische oder gar libertäre stimmen sind aus tunesien nicht zu vernehmen.
aber das ist vielleicht auch zu viel verlangt: 23 jahre mussten die menschen unter der knute eines menschenverachtenden regimes ums überleben kämpfen. ob da zeit und raum für eine radikale bewegung war? [auf den labornet-seiten zu tunesien finden sich ein paar interessante ältere berichte dazu.]

fakt ist, dass es die menschen auf der straße waren, die den wandel ermöglicht haben. und auch dass ben ali sich abgesetzt hat, ist definitiv ein fortschritt. zu erleben, dass widerstand funktioniert und erfolg haben kann, ermutigt und politisiert  menschen.

aber ihr kennt ja den spruch: „die qual der wahl“…oder war es „die wahl der qual“?

linx:
telepolis
taz

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G8/G20 Aufruf von Dijon

[nigra dokumentiert hier den aufruf zu protest und widerstand gegen die diesjährigen g8 und g20 gipfel in frankreich.
der text ist das ergebnis eines ersten internationalen treffens, das im november 2010 im les tanneries in dijon/frankreich stattfand.
dort kamen über 80 menschen zusammen, um sich über die perspektiven zu den diesjährigen protesten gegen die beiden großen gipfeltreffen der mächtigen auszutauschen.
aber lest selbst.]

Deauville wir werden nicht von deinem Wasser kosten

2011, “DIE” letzte Krise befindet sich nun in ihrem dritten Jahr. In Europa ist die Finanz- und Bankenkrise zu einer Krise der Staaten geworden. Nachdem den Banken und großen Unternehmen Milliarden hinterhergeworfen wurden, sagen die Regierungen nun, dass sie ihre Schulden nichtmehr auf sich nehmen können. Stattdessen entwickeln sie nun, mit Hilfe von internationalen Organisationen (IWF, EZB), Sparpläne: Senkung der Löhne, Senkung der Sozialhilfen und der Renten, massive Kündigungswellen, Privatisierung von öffentlichen Diensten, das Abschaffen von Sozialrechten… Auch wenn sich die revolutionären Bewegungen in mehreren Ländern entfalten, wie in Griechenland, Rumänien, England, Italien, Frankreich, die Politik des Bruchs mit allem sozialen ist nicht aufgehalten und beginnt damit ihre Kräfte freizusetzen. Zunehmende Ausbeutung und Ungleichheit, Repression gegen Migrant_innen, die Entwicklung und Verbesserung von Überwachung und Kontrolltechniken, Gentrification, Ghettoisierung werden begleitet von einer gut geölten Medienpropaganda und kraftvollen Sicherheitspolitik um die Einheit zu erhalten und Angriffe zu verhindern.

Auf einem globalen Niveau erlebt die Erde Verschmutzungen aller Art. Hunger und Durst betreffen hunderte Millionen Menschen, die Kriege dauern an. Aber die internationalen Institutionen und multinationalen Konzerne feiern. Die Milliarden fallen vom Himmel und ihre Macht entfaltet sich immer weiter. Diese Institutionen können alles tun unter dem Vorwand “Die Krise zu bewältigen”, und all das ohne koordinierten Widerstand hervorzurufen. Vor diesem Hintergrund bereiten sich die Mächtigen dieser Welt auf ihre Treffen in Deauville (G8, 26 und 27 Mai) und Cannes (G20 im November) vor.

Die ersten Diskussionen

Ende November 2010, fand ein Treffen im selbstverwalteten Gebiet von Tanneries statt, um die Widerstandsmöglichkeiten gegen diese beiden Treffen zu organisieren und zu diskutieren. Dieses Treffen fand nach “Abenden der militanten Reflektion” statt, die sich mit der Auswertung der in zahlreichen Städten, besonders in Frankreich und Deutschland organisieren Gegengipfeln beschäftigten. Wir waren etwas mehr als 80 Personen aus unterschiedlichen Ländern und trafen uns in Dijon, um über antikapitalistische und antiautoritäre Grundlagen zu diskutieren. Über unsere Meinungen und Gedanken über den anstehenden G8 und G20 Gipfel. In Erwartung von zukünftigen Begegnungen und Treffen findet ihr hier das Ergebnis unserer Diskussion.

Den Horizont der Gegengipfel öffnen, nicht nach Deauville gehen

Ja, einige Teilnehmer_innen haben den Willen bekundet direkt nach Deauville zu mobilisieren um dort den G8 in Frage zu stellen. Viele von uns möchten sich jedoch nicht im selben Ort, in dem der Gipfel stattfindet, treffen. Der erste Grund dafür ist ein taktischer: wir möchten nicht genau dahin gehen wo uns die repressiven Kräfte erwarten, an einen Ort den sie gewählt haben und wo sie sich schon lange vorher vorbereiten. Die Gegengipfel von Straßbourg, Kopenhagen und Brüssel waren in dieser Hinsicht lehrreich: wir wollen nicht erneut dazu dienen die Aufstandsbekämpfungstaktiken der Ordnungskräfte zu trainieren. Die ersten internationalen Gegengipfel waren bahnbrechend darin, eine kapitalismuskritische Theorie und Praxis in den öffentlichen Raum zu bringen, und sie brachten einige unkontrollierbare Situationen hervor. Diesen ersten Proteste ist es gelungen die Illegitimität dieser staatlichen Treffen zu verdeutlichen. Sie haben die Offiziellen dazu getrieben die Haupstädte zu verlassen und in stacheldraht und zaunbewährte Camps umzuziehen. Dennoch, seit Genua hat sich das Handling der Proteste durch die Polizei enorm weiterentwickelt wohingegen unsere Techniken nur uwesentliche Veränderungen erlebten. Zu schnell finden wir uns so in Situationen in denen wir nur noch die Dinge hinnehmen können und nichtmehr handlungsfähig sind. Der NATO-Gipfel in Strasbourg, der G8 in Heiligendamm fanden ohne nennenswerte Probleme für die Deligierten statt. Damit möchten wir in keinem Fall die Leistungen derjenigen, die unter diesen Umständen den NATO-Gipfel in Strasbourg oder den G8 in Heiligendamm begleitet und Widerstand organisiert haben, entwerten oder abwerten. Deauville ist eine kleine bürgerliche Badestadt gut militärisch gesichert werden kann und wo die Bevölkerung uns nicht freundlich gesinnt sein wird. Die Möglichkeiten den G8-Gipfel (oder den G20 in Cannes) effektiv zu blockieren erscheinen uns äußerst gering. Schlussendlich wollen wir nicht noch einmal an dem großen medialen Schauspiel teilnehmen, an der politischen Instrumentalisation die darauf stehts folgt. Wir wollen unsere Energie nicht verlieren indem wir diesen Gipfeln, dieses Schauspiel des Bankrotts, Aufmerksamkeit gewähren. Sie werden sich selbst diskreditieren. Das System wird sich selbst vollständig zerstören. In dem wir den Profis darin vertrauen, bereiten wir die Nachfolge vor. Unsere Zukunft hängt weder von Deauville noch von Cannes ab.

Dennoch, wir denken, dass es immer notwendig ist, dass was die G8 und die G20 repräsentieren radikal zu kritisieren: den Kapitalismus und die immer feindlicher werdenden, ungleichen und individualistischen Gesellschaften die er erzeugt. Die offiziellen Gipfel sind Orte der Organisation und Legitimation der kapitalistischen Politik deren Effekte wir jeden Tag bekämpfen. Wir wollen damit fortfahren uns auf internationalen Niveau gegen diese Institutionen zu organisieren, aber wir denken, dass es effektiver ist dies zu tun, indem wir die lokalen Kämpfe hervorheben und die Brüche und Ansatzpunkte des Widerstands zu vermehren.

Die Zeit der Begegnung

Wenn wir uns auf die klassische Form der Gegengipfel zurückbesinnen, erscheinen uns Momente der internationalen Übereinstimmung unerlässlich. Ein zentrales Interesse der Gegengipfel war stets die Möglichkeiten sich zu treffen, Ideen auszutauschen und zu üben, außerdem das kollektive Leben auf egalitärer Basis. Diese gemeinsamen Momente nähren unsere Kämpfe und unsere Aktionsmöglichkeiten, unsere Gedanken und Wünsche. Auf der anderen Seite sind die Camps der Gegengipfel normalerweise gekennzeichnet von Zeitdruck, der Dringlichkeit einer Woche die schnell vergeht, und vom repressiven Druck und der Omnipräsenz der Polizei. Aus diesen Gründen haben zahlreiche Teilnehmer_innen auf dem Treffen in Dijon entschieden ihre Energie gemeinsam zu bündeln um ein Dorf von längerer Dauer zu organisieren. Dies wird während des Sommers stattfinden. Verschiedene Orte wurden vorgeschlagen, mit der gemeinsamen Charakteristik, dass sie durch Kämpfe miteinander verbunden sind.

Einige dieser Zusammenkunftsorte werden wahrscheinlich in und um Deauville während des G8 stattfinden. Wir wollen von unserer Seite aus einen Ort der Zusammenkunft und des Lebens organisieren. Einen Ort, der die Dringlichkeit hinter sich lässt, der uns wirklich erlaubt unseren Raum zu entwickeln und zu festigen. Jenseits von Grenzen, Abgrenzungen zwischen Kämpfen und dem politschen Milieu. Dieses Dorf wird ein autonomer Ort sein, so man sich Zeit zum Nachdenken über praktische und theoretische Fragen nehmen kann, aber auch (wieder)erlernen kann wie man arbeitet. Wie man unsere Strategien und Aktionen koordinieren kann. Es handelt sich letztendlich darum ein gemeinsames Leben zu teilen, unsere praktischen Erfahrungen auszutauschen und unsere Alternativen in den Alltag einzubringen.

Die Kämpfe vereinigen, die Orte wählen

Das ist ein anderes Ergebnis des Treffens von Tanneries: Die Bedeutung der Vereinigung mit den Einwohnern im Kampf kam mehrmals zur Sprache. Die Bewegung gegen die Rentenreform in Frankreich die langsam zur Ruhe kommt hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack. Viele wollten fortfahren gegen die Politik der Regierung zu kämpfen. Zahlreiche andere Kämpfe fanden überall in Frankreich und Europa statt, die politischen Maßnahmen, gegen die sich immer mehr Menschen erheben sind überall die gleichen Machenschaften egal ob auf lokalem, nationalem oder Globalen Niveau. Die Kämpfe wie die griechischen Aufstände 2008, die Anti-Castor Kampagne oder die Kommunen von Oxaca und Kopenhagen zeigen, dass sich unsere Kräfte stehts multiplizieren, wenn sie sich mit den lokalen Kräften der Bevölkerung verbinden. Auf der anderen Seite kann das einbringen von antikapitalistischen Fragestellungen und Positionen in lokale Kämpfe dazu führen, dass sich die Perspektiven dieser Kämpfe erweitern. Das ist der Grund weshalb wir uns wünschen, dass sich die Kritik und die Proteste gegen die Welpolitik von G8 und G20 und den daraus folgenden lokalen Effekten differenziert. In Richtung von Orten, der Städte und Versammlungen wo sie gewöhnlich nicht präsent sind. Eine selbstverwaltete Karavane die offen für alle ist startet demnächst in Lyon und kreuzt durch die Städte und Dörfer von Frankreich um allen die Teilnahme und Vorbereitung für die Mobilisation gegen die G8 und G20 Gipfel zu ermöglichen.

Um nicht die gleichen Fehler wie in der Vergangenheit zu machen, um zu erreichen, dass in Frankreich die Masse an Polizei ein Vorteil und kein Problem für uns wird, rufen wir zu dezentralen Aktionen während des G8-Gipfels auf. In Frankreich und anderen Ländern. Ohne diejenigen abhalten zu wollen, die nach Deauville gehen rufen wir alle Gruppen dazu auf sich in allen Regionen in Frankreich und der Welt zusammenzufinden und sich lokal zu organisieren um dezentrale Aktionen durchzuführen an den Orten und zu den Themen ihrer Wahl. Aktionen um den Verkehrsfluss zu blockieren oder Symbole des Staats und des Kapitals anzugreifen, Demonstrationen und Besetzungen. Temporäre autonome Zonen, Verbreitung von Texten und Parolen… Die Möglichkeiten sind zahlreich und wir sind überall.

Der Erfolg von dieser Strategie hängt von der Kapazität der lokalen Gruppen ab, sich und andere zu mobilisieren. Aus dieser Sicht hoffen wir dass das selbstverwaltete Dorf, dass unabhängig vom Staat ist eine Verlängerung dieser Dynamik sein wird. Ein Ort der Zusammenkunft von lokalen und regionalen Gruppen, international, selbstorganisiert, und ein Ort der erlaubt die Aktionen gegen den G8 zu analysieren und die nächsten internationalen Mobilisationen in den Blick zu nehmen zuerst die Mobilisation gegen den G20. Diese drei Momente (G8, Dorf, G20) sind Gelgenheiten um eine neue Etappe in der kämpfenden Bewegung zu probieren, in ein neues Stadium der Ausarbeitung von kollektiven Strategien und Taktiken gegen internationale Institutionen zu treten. Es ist zuletzt ein Versuch unsere Organisations-, Reflexions- und Selbstverwaltungsfähigkeiten nachhaltig zu steigern.

Beginnt damit euch lokal zu organisieren! Verbreitet diesen Aufruf und beginnt damit eure Ideen auszutauschen: Das nächste internationale Treffen findet vom 4 bis 6 Februar in Paris statt.

linx:
dissent
block g8
gipfelsoli


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tunesien in der revolte

die menschen in tunesien haben keine angst mehr. und das ist auch die vielgerufene parole in den straßen von tunis und anderen städten des nordafrikanischen landes im maghreb: „wir haben keine angst mehr!“

sie haben keine angst mehr, obwohl das regime unter zine el-abidine ben ali ohne gnade gegen die widerständigen menschen vorgeht. die krankenhäuser sind voll von verletzten demonstrant_innen und es soll schon über 60 tote geben.

inzwischen haben sich den protesten der zuerst nur jugendlichen auch die gewerkschaft, journalist_innen und viele andere menschen angeschlossen. es wurden sogar „verbrüderungsszenen“ zwischen demonstrant_innen und angehörigen der armee beobachtet. so sollen sich auch soldaten zwischen die anrückende polizei und die protestierenden menschen gestellt haben, um diese zu schützen.

trotz starker internetzensur und überwachung des alltags (in tunesien arbeitet ein prozent der bevölkerung bei den sicherheitsbehörden…) wachsen die proteste noch immer an und sogar die presse bringt in der zwischenzeit berichte und fotos darüber. aber immer noch gleichgeschaltet und ben ali hörig.

immer lauter werden die forderungen nach einer absetzung des diktators und seiner clique. für den heutigen freitag haben mehrere gewerkschaften zu einem generalstreik aufgerufen. es wurde eine ausgangssperre zwischen 19 und 7 uhr verhängt.

in den übrigen maghrebischen ländern haben die mächtigen angst davor, dass die menschen dort sich der sozialen revolte über die grenzen hinweg anschließen könnten: in marokko z.b. wurden mehrere solidaritätskundgebungen vorsorglich verboten.

die französische innenministerin alliot-marie hat dem tunesischen regime schützenhilfe in form von „polizeilichem know-how“ angeboten. sie wolle damit auch helfen, „das demonstrationsrecht zu gewährleisten.“ die internationale zusammenarbeit der polizeien nimmt immer abstrusere formen an…

auf der offiziellen deutschen seite des tunesischen fremdenverkehrsamtes erfahren wir kein wort über die revolte. es wird über neue flughäfen und sahara-festivals berichtet.

in bern und paris gab es anschläge auf die tunesische botschaft und das konsulat.

es ist bewundernswert, wie standhaft die menschen in tunesien bleiben. im angesicht von scharfschützen, armeeeinsatz, zivilpolizisten, internetzensur, ausgangssperre, tränengas, scharfer munition, unzähligen verletzter und vielen toten.

ben ali hat nun der polizei verboten, auf die menschen zu schießen. in einer rede stellte er pressefreiheit, eine herabsetzung der lebensmittelpreise und ein unzensiertes internet in aussicht. auch wolle er 2014 nicht mehr kandidieren.

bleibt zu hoffen, dass die menschen in tunesien ihm und seinem regime nicht auf den leim gehen und sie zum teufel jagen.

à bas ben ali!
vive la peuple de la tunisie!

zum weiterlesen:
labornet tunesien
taz
video
telepolis
junge welt
hintergrund
euronews

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gaza-tunesien-algerien-türkei

auch die jugend in islasmisch geprägten ländern hat die schnauze voll. das ist kein vorrecht der jugend der westlichen industrienationen.

seit einigen wochen gibt es immer mehr nachrichten über widerstand und rebellion aus gaza, der türkei, tunesien und algerien.

angefangen hat es mit dem manifest der jugend von gaza, das schon mitte dezember veröffentlicht und auf indymedia linksunten und in der taz übersetzt wurde.
wohltuend ist hier die wut auf beide seiten des israel/palästina-konflikts: „fick dich, hamas. fick dich, israel. fick dich, fatah. fick dich, un. fick dich, unwra. fick dich, usa!“ aus jeder zeile des manifests quillt die entäuschung, die angst, der hass, die wut, das „genug!“ und der wille zu veränderung.
sowohl die hamas, die fatah und israel bekommen einen spiegel vorgehalten, der ihnen zeigt, was sie mit ihrer kranken politik anrichten. die jugendlichen stellen sich in ihrem text nur auf eine seite, nämlich auf ihre eigene.

in tunesien, wo der islam offiziell staatsreligion und ein autoritäres regime unter zine el-abidine ben ali an der macht ist, verbrannte sich am 17. dezember 2010 ein junger gemüsehändler aus protest gegen polizeischikane. während er brannte, rief er: „schluss mit der armut! schluss mit der arbeitslosigkeit!“ von bis zu zwei weiteren selbstmorden ist die rede.
nachdem am 5.1. über 5000 menschen an dem begräbnis mohammed bouazizis teilnahmen, weiteten sich die proteste gegen armut und arbeitslosigkeit über ganz tunesien aus. es kam zu streiks, straßenschlachten und anonymous startete aus solidarität mit den menschen in tunesien die „operation tunesien“.

im ebenfalls islamischen nachbarland algerien kam es vor allem in der hauptstadt algier aber auch in anderen teilen des landes zu straßenschlachten mit der polizei. auslöser scheint auch hier vordergründig die schlechte wirtschaftliche lage zu sein, in der sich der großteil der menschen befindet, während wenige reiche immer reicher werden, geschützt von einem durch das militär gelenkten regime.

in der türkei kam es am mittwoch in ankara zu zusammenstößen zwischen linken studierenden und der polizei. eine demonstration gegen bildungsabbau und gewalttätige einsätze der polizei gegen frühere student_innendemonstrationen, die zur zentrale der regierungspartei akp marschieren wollte, wurde von der polizei mit tränengas und wasserwerfern angegriffen.

bei keinem dieser proteste spielte religion eine rolle. zumindest war dies nirgends herauszulesen. im manifest aus gaza steht z.b. ausdrücklich „…genug…der religiösen scheiße…!“

hier stehen jugendliche, gut vernetzt und informiert durch das internet, gegen ihre jeweiligen autoritären systeme und deren nutznießer_innen, die religiösen hass fördern, freiheit unterdrücken und armut brauchen, um selbst reich zu bleiben.

inwiefern diese proteste untereinander vernetzt sind, ist schwer zu sagen. wissen tun sie voneinander: das netz ist ein dorf…

der jugend in gaza, tunesien, algerien und der türkei gilt nigras solidariät.
koran, thora und bibel in die tonne kloppen.
regierungen stürzen.
leben.

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6 monate knast für genfeldbefreiung

in einem blog beschreibt jörg bergstedt, wie es ihm im gießener knast ergeht und gibt einblicke in absurde und unmenschliche zustände.

2006 befreite jörg mit anderen aktivist_innen ein feld von genetisch veränderter gerste.
im september 2010 musste er dafür nach jahrelangem hickhack eine sechsmonatige haftstrafe antreten.

jörg ist nicht rund um die uhr eingesperrt, sondern hat immer wieder „freie“ tage, die er zur renovierung der projektwerkstatt in saaßen und zum schreiben nutzt. sogar als verteidiger von cecile lecomte versuchte er sich, wurde aber vom staatsanwalt und richter mundtot gemacht.

so plätschern für ihn die tage in der lächerlichen bürokratie des knastes vorüber. und darüber (und über mehr) schreibt er sehr lesenswert und unterhaltsam. er liest aber auch gerne. besonders post von draußen.

in drei monaten ist er wieder draußen.

100 000e andere werden dann immer noch in den knästen schmoren.

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einen anderen weg gehen…

…will die fda mit gaidào, ihrer neuen zeitung.

um das forum deutschsprachiger anarchist_innen war es die letzten  jahre eher ruhig, nun meldet es sich mit dieser lesenswerten publikation zurück. inhaltlich beschäftigt gaidào sich mit anarchismus in der türkei, belarus und rumänien. verschiedene anarchistische gruppen (libertäre gruppe karlruhe, libetäre aktion winterthur) stellen sich vor. die fau und die webseite syndikalismus.tk werden vorgestellt und es gibt eine termineseite.

wird es die gaidào auch auf papier geben? keine ahnung. dazu schweigt sich die redaktion aus. bis es vielleicht soweit ist, könnt ihr sie auf dem blog lesen, dort oder hier runterladen.

改道 改道]

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linksradikaler geheimdienst gegründet…

tja, simon, das hast du nun davon.

auf indymedia linksunten ist ein artikel zum dauerbrenner „simon, der spitzel“ veröffentlicht worden. scheinbar wurde ein äußerst effektiver linksradikaler geheimdienst aus dem boden gestampft, der sogleich seinen ersten fall erfolgreich erledigt hat. so wurden simon brenners echte identität, sein soziales umfeld und sein beruflicher werdegang  ans tageslicht geholt. aua, simon, das tut weh.

ist rache süß?
ja, das ist sie.
und simon flennt.

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