rhino rulz…

 

freiburg braucht mehr wagenplätze. die schattenparker sind voll, rhino quillt aus allen nähten und über 80 wägen stehen vereinzelt am straßenrand verteilt über ganz freiburg.

ein leben im wagen ist in deutschen städten oft eines auf dem präsentierteller. das gilt um so mehr für den akut räumungsbedrohten wagenplatz kommando rhino: umgeben von der vauban-allee zeigen die bewohner_innen des kunst-, kultur– und wagenkollektivs sich und ihre lebensweise der freiburger öffentlichkeit. das ist nicht nur eine not, sondern auch ein politisches statement, das das recht auf diese lebensweise einfordert.

dieses recht ist in deutschland nicht wirklich einheitlich geregelt: es gibt einen relativ großen ermessensspielraum. in vielen städten, wie z.b. tübingen oder karlsruhe, gibt es wagenplätze, deren existenz seit jahren gesichert ist u.a. weil die stadt ihren spielraum wohlwollend nutzt und nicht wie oberbürgermeister dieter salomon und seine büttel alles daran setzen, selbstverwaltete plätze zu illegalisieren.

als nicht-freiburger stößt es mich immer wieder vor den kopf, wie menschenverachtend der erste grüne ob deutschlands und seine fraktion mit anderen lebensentwürfen umgehen und es zeigt mir , wie wenig die farbe grün noch irgendeine bedeutung hat. als beispiel dafür seien folgende aussagen zitiert: so hatte salomon den schattenparker_innen vor einigen jahren geraten, doch nach spanien auszuwandern. seine fraktionskolleg_innen maria viethen, gerhard frey und tim simms schrieben in einem offenen brief an die unabhängige liste zum thema „rhino“: „wer versucht, lebensverhältnisse gegen den mainstream zu gestalten, muss immer damit rechnen, vom mainstream überrollt zu werden“. viethen und frey verraten damit nicht nur ihre eigene hausbesetzer_innenvergangenheit im freiburger dreisameck der 1980er jahre, sondern zeigen mit diesem satz auch deutlich wohin einen der gang durch die institutionen führt: in die fetten ärsche der machthaber_innen, in diesem fall in den fetten arsch salomons. und der satz zeigt uns mal wieder, dass die grünen schon lang zu dem geworden sind, was sie eigentlich mal verändern wollten. viethen, frey und simms sind korrumpiert, infiziert und sediert von dem bischen macht, das sie als stadträt_innen haben und merken dabei nicht einmal, dass sie eine gleichschaltung der lebensentwürfe befürworten und eine bestrafung von abweichler_innen durch die mehrheit für legitim halten: democrazy at it’s best!

die wagenszene in freiburg gibt aber nicht auf: viele aktionen laufen seit tagen, um das thema rhino und wagenplätze in die öffentlichkeit zu tragen. demos, paraden, hausbesetzungen und andere veranstaltungen. solidarisch mit ihr sind unzählige gruppen, projekte und menschen (nicht nur) aus freiburg.

der kampf um rhino ist auch ein symbol für den zustand unserer gesellschaft. der mainstream will meist nichts wissen von alternativen (die es ja nicht zu geben hat…). alternativen verängstigen. sie sind fremd, neu und bedeuten das eigene leben reflektieren zu müssen. oder zumindest die andersartigkeit ertragen zu müssen. das ist unzumutbar für familie mustermann. eine alternative, die sich auch noch dem konsumwahn zu entziehen versucht und somit wenig bis nichts zum wachstum beiträgt, muss erst recht verhindert werden.

„wir wollen zwar öko-strom, aber der größte flachbildfernseher muss es schon sein, um die wm genießen zu können.“

in diesem sinne: solidarität mit dem wagenplatz rhino! …dead or alive!

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sich fügen heißt lügen…

 

heute vor 77 jahren wurde der anarchist und schriftsteller erich mühsam von ss-schergen im konzentrationslager oranienburg ermordet.

mühsam wird 1878 in berlin als sohn jüdischer eltern geboren. seine kindheit und jugend verbringt er in lübeck, wo er schon früh erste geschichten verfasst und im alter von 18 jahren wegen „sozialdemokratischer umtriebe“ vom gymnasium verwiesen wird.

anfang des neuen jahrhunderts flieht er vor der bürgerlichen enge seines elternhauses nach berlin, schreibt und veröffentlicht erste texte und lernt dort den anarchisten gustav landauer kennen, der für ihn eine art mentor werden sollte. er kommt in kontakt zu anarchistischen gruppen und schreibt für die anarchistische zeitschrift „der arme teufel“. schon bald steht er unter polizeilicher bewachung: seine politische agitation ist den behörden ein dorn im auge.

ein bewegtes leben nimmt seinen lauf: auf der einen seite ist er ein hedonistischer bohemien, auf der anderen ein entschlossener anarchist und revolutionär, der ständig in konflikt mit den gesetzen der jeweiligen regierung gerät: vor und während dem ersten weltkrieg mit dem kaiserreich wilhelm des zweiten und danach mit der bürgerlichen regierung der weimarer republik. parallel dazu schreibt er theaterstücke und gedichte.

im juli 1919 wird er zu 15 jahren festungshaft wegen hochverrat verurteilt: mühsam war rege beteiligt an der ausrufung und gründung der ersten münchner räterepublik. in haft schreibt er weiter theaterstücke und andere texte.

1924 wird er auf bewährung entlassen und zieht abermals nach berlin, wo er ungebrochen seine agitation wieder aufnimmt, für die rote hilfe deutschland vorträge hält, für politische zeitschriften texte verfasst und den kampf gegen den immer stärker aufkommenden faschismus vorantreibt.

am 28. februar 1933, vier wochen nach der machtübernahme durch die nsdap unter adolf hitler, wird er von der sa verhaftet.

erich mühsam ist in verschiedenen kz’s inhaftiert und wird schließlich in der nacht auf den 10. juli 1934 von einem ss-kommando im kz oranienburg brutal ermordet.

er hat sich nie gefügt…

[erich mühsams texte sind auch heute noch lesenswert, sowohl seine politischen wie auch seine unpolitischen. sehr hörenswert sind auch die vertonungen von mühsam-gedichten durch gregor hause. gerade hat der berliner verbrecher verlag die herausgabe mühsams taschenbücher gestartet. die reihe ist auf 15 bände angelegt.
linx: mühsam.de, erich-mühsam.de, wikipedia, anarchopedia ]

erich mühsam 1878 - 1934

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the pope is coming home…

joseph ratzinger auf tour durch deutschland … dazu eine kleine reiselektüre

als der deutsche kardinal joseph ratzinger im april 2005 zum oberhaupt aller katholik_innen bestimmt wurde, titelte die bild-zeitung siegestrunken „wir sind papst!“.

fortan war und ist er, nach lesart der katholischen kirche papst benedikt XVI, bischof von rom, stellvertreter jesu christi, nachfolger des apostelfürsten, oberhaupt der universalen kirche, primas von italien, erzbischof und metropolit der kirchenprovinz rom, souverän des staates der vatikanstadt und diener der diener gottes.

ratzinger wird 1927 in den mief einer bayerischen kleinstadt, als sohn eines polizisten und einer köchin, hineingeboren. mit 14 jahren, im jahr 1941, ereilt ihn wie alle anderen jungen diesen alters die (zwangs-) mitgliedschaft in die hitlerjugend. der erzkonservative naziversteher kardinal michael von faulhaber, ein freund der familie und leiter des priesterseminars sankt michael, ist bis zum abitur sein mentor und übt großen einfluss auf ihn aus. in den letzten monaten des zweiten weltkrieges wird ratzinger als 18jähriger in der flugabwehr an der heimatfront im kampf für’s vaterland eingesetzt. nazigreuel, besonders die der ss, die in seiner unmittelbaren umgebung stattfanden, blendet er in den kommenden jahrzehnten in seinen schriftlichen erinnerungen aus. er sieht sich von einem engel vor den gefahren des krieges beschützt. 1951 wird ratzinger von faulhaber zum priester geweiht.

einerseits reformorientiert, andererseits an konservativen grundhaltungen der katholischen kirche festhaltend, machte er im klerus karriere: 1976 päpstlicher ehrenprälat, 1977 erzbischof von münchen und freising und kardinalprister, 1981 präfekt der kongregation für die glaubenslehre (nachfolgeinstitution der heiligen inquisition), 1993 kardinalbischof der suburbikarischen diozöse velletri-segni, 1998 subdekan des kardinalskollegiums, 2002 kardinaldekan und kardinalbischof von ostia und schließlich 2005 papst.

in der strikten hierarchie der römisch-katholischen kirche steht der papst an oberster stelle: er ist der nachfolger von apostel petrus und der irdische stellvertreter von jesus christus. er ist das oberhaupt von ca 1,2 milliarden katholik_innen und hat damit einen bedeutenden einfluss auf das leben und denken dieser menschen. auch wenn hier in deutschland sein einfluss aufgrund der eher pluralistischen gesellschaft wahrscheinlich weniger groß ist, darf nicht vergessen werden, dass in den meisten teilen der welt religion im allgemeinen einen weit größeren stellenwert im leben der menschen hat. in deutschland halten sich die nichtreligiösen menschen mit jeweils den römisch-katholischen und evangelischen ungefähr die waage, während zb in portugal und griechenland ca 90 % an den christengott glauben. ähnlich sieht es in vielen afrikanischen und amerikanischen ländern aus. so ist es kein wunder, dass sich gerade in den ländern des trikont im zusammenspiel mit der armut der hi-virus stark ausbreiten konnte und dies ungebremst noch immer tut: der einzig wirksame schutz gegen ihn und die von ihm ausgelöste immunschwächekrankheit aids ist die benutzung von kondomen beim geschlechtsverkehr, welche aber vom jetzigen papst und seinen vorgängern strikt abgelehnt werden und das so auch propagiert wird. schuld daran ist die menschenfeindliche und verklemmte sexualmoral der römisch-katholischen kirche, die sex nur in einer von gott gesegneten ehe und zum zweck der kinderzeugung vorsieht. keuschheit ist angesagt. eine weltfremde moral, die millionen leben auf dem gewissen hat.

überhaupt ist die einmischung in die sexualität der menschen eines der liebsten steckenpferde ratzingers. er sieht die lebenslange ehe zwischen mann und frau als sakrament der schöpfung. die geschlechterdiskussion sieht er als emanzipation des menschen von gottes schöpfung, wobei das wort „emanzipation“ hier keinen positiven klang hat, sondern für ihn als abwendung von gott negativ belegt ist. nur gott dürfe festlegen, wer mann und wer frau sei. in gleichgeschlechtlichen gemeinschaften und transgender-menschen sieht er die „selbstzerstörung des menschen“ und die „zerstörung von gottes werk selbst“. ganz konsequent hat ratzinger den an den vatikan entsandten französischen botschafter jean-loup kuhn-delforge abgelehnt, da dieser offen seine homosexualität lebt. auch den argentinischen botschafter lehnte er ab, weil dieser sich von seiner frau scheiden ließ.

es gibt viele texte zum thema sexualität, in denen ratzinger und andere vertreter des klerus, den menschen genaue richtlinien und regeln vorgeben: vom vorehelichen leben, über die ehe bis hin zur sexualerziehung der kinder. ein mann und seine kirchenfunktionäre, die der zwischenmenschlichen sexualität abgeschworen haben und den zölibat leben, sind sexual- und erziehungsexperten.

experten sind viele von ratzingers unterhirten zumindest was sexuellen missbrauch von kindern und jugendlichen angeht. immer wieder kommt es zur aufdeckung von fällen, in denen priester und andere kirchenangestellte schwerer sexueller missbrauch vorgeworfen und nachgewiesen wird. der umgang der betroffenen gemeinden damit reicht von offen und ehrlich bis hin zum verschweigen-wollen. ratzinger spricht das problem immerhin an und trifft sich auch regelmäßig mit missbrauchsopfern. zu den fällen in deutschland schweigt er sich meist aus. ansonsten befürchtet er in den vorfällen einen imageschaden für seine kirche.

sexueller missbrauch ist kein spezifisches problem der katholischen kirche. die meisten kinder werden in der eigenen familie missbraucht. aber eine institution, die offiziell so viel wert auf moral, nächstenliebe und gerechtigkeit legt und dies mit der universellen liebe eines gottes begründet, muss sich auch an ihren ansprüchen messen lassen: hier versagt sie auf ganzer linie.

ganz nebenbei liegt das schutzalter von kindern im vatikan bei 12 jahren. das heißt konkret, dass es dort erwachsenen erlaubt ist, mit kindern ab 12 jahren sex zu haben.

nicht nur von menschen außerhalb der katholischen kirche, sondern auch von immer mehr kirchenmitgliedern und theologen wird eine abschaffung des zölibats gefordert. ein kausaler zusammenhang zwischen dem leben im zölibat und der neigung zu sexuellem missbrauch von kindern und jugendlichen ist nicht nachgewiesen. zu einem erfüllten leben gehört aber das offene ausleben der eigenen sexualität.

stark in die kritik geriet ratzinger anfang 2009, als er die exkommunikation von bischof richard williamson aus england und drei weiteren bischöfen der homophoben, ultrakonservativen pius-bruderschaft aufhob. williamson wurde bekannt für seine leugnung des holocausts. der vatikan behauptete, erst später von williamsons äußerungen erfahren zu haben. die katholische kirche schwedens musste aber zugeben, dass sie den vatikan schon zwei monate vorher über die wirren geschichtsauslegungen des irren bischofs informiert hatte. ratzingers vatikan strebt nach wie vor eine wiederannäherung mit der bruderschaft an.

ratzinger ist als papst auch staatsmann, nämlich das auf lebenszeit gewählte staatsoberhaupt der vatikanstadt in rom. ein staat im staat italien mitten in der eu, aber kein mitglied derselben. er herrscht als könig über sein kleines reich, in dem es , wen wundert es, ganz profan auch ums geld geht. das hauseigene institut für die religiösen werke ( istituto per le opere di religione, kurz ior ), auch vatikanbank genannt, kümmert sich um die allzu weltlichen dinge wie aktien, immobilien und geldwäsche. der letzteren will ratzinger mit neuen, strengeren richtlinien beikommen. ob er da, auch wenn er stellvetreter christi sein mag, erfolg haben wird (oder will)? es darf gezweifelt werden: it’s capitalism, baby. erst kürzlich machte folgendes dem hirten und seinen schäfchen die wunderbare welt der freien marktwirtschaft deutlich: die zwei ältesten deutschen katholischen banken hatten aktien gekauft von rüstungsfirmen und pharmaherstellern, zu deren repertoire auch die pille gehört.

ratzinger steht auch für eine kirche, die sich nach wie vor als einzig wahre versteht, auch wenn sie vordergründig den dialog mit anderen religionen sucht. dieser alleinanspruch war in den vergangenen jahrhunderten der grund für viele greueltaten und menschenfeindliche ansichten, wie zb die inquisition, die kreuzzüge, die hexenverfolgung, den mittelalterlichen anti-judaismus, die missionierung „neu entdeckter“ länder und kontinente, die unterdrückung der frau und eine bis heute anhaltende homophobie.

die caritas, der wohlfahrtsverband der katholischen kirche in deutschland, betreibt tausende von sozialen einrichtungen und beschäftigt dort ca 500 000 menschen. die katholische kirche ist dadurch eine der größten arbeitgeberinnen in deutschland und hat zusammen mit der evangelischen diakonie ein eigenes arbeitsrecht, den sogenannten „dritten weg“. auf diesem weg finden sich kein streikrecht, keine aussperrungen oder andere formen des arbeitskampfes. auf der einen seite steht die caritas als wirtschaftende institution mitten im kapitalismus, auf der anderen verweigert sie den lohnabhängigen menschen wirkungsvollere mittel zum erkämpfen besserer arbeitsbedingungen. und diese verschlechtern sich auch in der rosa wohlfühlwelt der knuffigen kirchen: immer weniger mitarbeiter_innen auf immer mehr zu betreuende menschen, real sinkende löhne, kaum unbefristete verträge, leiharbeit, längere arbeitszeiten, mehr überstunden, einsatz von ein-euro-jobber_innen. zwar betont und unterstreicht ratzinger die bedeutung und wichtigkeit von gewerkschaften ( er beruft sich dabei auf die enzyklika ‚laborem exercens‘ seines vorgängers wojtyla. ), aber getan hat er nichts dafür. die würde der arbeit ist eine hohle phrase, die vor der eigenen tür halt macht. dass diese tür eine im kapitalismus ist, entschuldigt nicht das nichthandeln.

organisierte religion, kombiniert mit einem ausgeprägten missionseifer ist gefährlich. in ihrer wesensart gleicht sie einem dikatorischen regime, das keine opposition zulassen kann, da in ihr immer der keim der revolte steckt. auch wenn die katholische kirche sich heute offiziell nicht in politik einmischt, tut sie das natürlich im hintergrund immer wieder. ganz konkret bei entscheidungen zu abtreibungsgesetzen und in der sozialpolitik und unterschwellig, im hintergrund durch gesellschaftliche verflechtungen zwischen parteien, arbeitgeber_innen und kirchen.

für einen nichtreligiösen menschen und anarchisten ist es schwer zu verstehen, was menschen an glaubensgemeinschaften bindet. das vage versprechen einer belohnung nach dem tod, der unbedingte gehorsam und die strikte hierarchie stoßen ab und machen misstrauisch. begriffe der katholischen kirche wie demut, leiden, schuld, sühne, keuschheit, beichte, gebote, himmel, hölle und teufel zeichnen ein bild von ständiger dienerschaft, kontrolle und aufgabe der eigenen person. das wort nächstenliebe steht allein da. aber dafür braucht es keine kirche oder einen gott.

ein mensch, der für sich in anspruch nimmt, der oberste fürsprecher dieser dinge zu sein, weckt widerstandsgefühle und den willen diese zu äußern.

parallel dazu steht eine radikale religionskritik: das infragestellen und das bestreiten der existenz eines höheren wesens, eines weltenschöpfers. das sich-vertrösten-lassen auf ein leben nach dem tod als belohnung für die irdischen mühen steht der emanzipation der menschheit von herrschaft und unterdrückung im weg. die kirche und der kaiser gehen hand in hand. das war schon immmer so. und ob die kirche ein tempel, eine synagoge oder eine moschee ist, spielt dabei keine rolle.

moral und ethik dürfen nicht zentral von sich auf alte schriften und gebote berufenden institutionen verwaltet werden mit dem anspruch der immerwährenden gültigkeit, sondern müssen dem wandel der zeit unterliegen und von uns menschen ständig hinterfragt und neu diskutiert werden.

wenn im september 2011 ratzinger, aka benedikt xvi, zu seinen schäfchen kommt, kommen wir auch. und wir werden nicht beten.

protest- und widerstandslinx:
freiburg ohne papst
what the fuck
der papst kommt

 


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antifa action in offenburg

der blog des antifaschistischen bündnisses ortenau ist nun online. dort könnt ihr euch über den stand der dinge und anstehende aktionen zum naziaufmarsch am 22.10.2011 in offenburg informieren.

freut euch über sportliche wochen…

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systempunkte

ein neues blog, das libertäre und anarchistische texte veröffentlicht, übersetzt und bündelt

seit dem ersten mai (nomen est omen) ist ein neues weblog online: systempunkte.org ist angetreten mit dem anspruch „aktuelle und zeitlose themen aus einer freiheitlichen, libertären perspektive zu behandeln“. das gelingt bisher sehr gut und ist lesenswert: sowohl eigene texte, wie auch übersetzungen ins deutsche zu verschiedensten, auch aktuellen, themen sind schon online inklusive interessanter kommentare.

es lohnt sich sicher dort regelmäßig vorbeizuschauen.

 

 

 

 

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feuerlöscher zu sprengsätzen?

von bombenden anarchist_innen, der wut und den leuten

luciano pitronello schuffeneger ist 22 jahre alt. er hat keine hände und ist blind.

am 1. juni 2011 versuchte der junge anarchist mit einem weiteren genossen scheinbar eine filiale der banco santander in santiago de chile mit einem selbstgebauten sprengsatz, bestehend aus einem mit schwarzpulver gefüllten feuerlöscher und einem zeitzünder, zu beschädigen oder zu zerstören. dabei scheint die bombe vor ihrer zeit explodiert zu sein und hat luciano beide hände so stark verletzt, dass sie später im krankenhaus amputiert wurden. außerdem verlor er sein augenlicht und erlitt starke verbrennungen.

in den letzten jahren nahm die zahl der sprengstoffanschläge in chile zu und viele werden auch von anarchist_innen verübt. eine aktionsform, die hier in deutschland und den meisten europäischen ländern nicht auf dem tagesplan steht.

ich sehe einmal vom tragischen verlauf der aktion in santiago ab und versuche die hintergründe zu verstehen und spinne mal ein bischen herum: ein 22 jähriger chilenischer anarchist will mit einem genossen zusammen eine bank zerstören. nicht überfallen und ausrauben, sondern zerstören. ich nehme einmal an, dass er das nicht vorhatte, weil die bank ihm keinen kredit für ein neues auto geben wollte, sondern, weil diese bank für ihn ein symbol für den herrschenden kapitalismus war. dieses symbol wollte er vernichten. ich glaube nicht, dass er so naiv war, anzunehmen, dass durch diese aktion der kapitalismus als ganzes vernichtet würde. es sollte eine symbolische, punktuelle aktion sein, die vielleicht auch die öffentlichkeit, die leute erreichen und zum nachdenken bringen sollte. der individuelle charakter der tat hatte sicher auch einen großen und verständlichen anteil: die tägliche, unterdrückte wut auf die zustände, die immer zu spürende ohnmacht im angesicht des staates und des kapitals und das bedürfnis, diesen druck mal ablassen zu können.

eine direkte aktion im namen des antikapitalismus, anarchismus und lucianos: banken sind räder im getriebe des kapitalismus und treiben ganz konkret menschen in den ruin und in den selbstmord, also weg damit.

ich kann diesen (von mir ihm untergeschobenen) gedanken nur zu gut nachvollziehen und weine keiner ausgeraubten, beschädigten und zerstörten bank auch nur eine träne nach. aber ich denke auch, dass wir dadurch der revolution und der anarchie kein stück näher kommen.

die explosion erfolgte um 2 h 25 morgens, früher als gedacht. die frage für mich ist, wann sie eigentlich erfolgen sollte. wenn wir luciano als lebensbejahenden, für positive veränderungen kämpfenden und die menschen liebenden anarchisten sehen, können wir annehmen, dass die bombe außerhalb der öffnungszeiten der bank hochgehen und somit keine menschen verletzen oder gar töten sollte (ein restrisiko bleibt auch hier: nachtschwärmer_innen auf dem heimweg, zeitungsausträger_innen oder der in der nähe gewesene taxifahrer) .

wenn wir luciano als irren nihilisten sehen wollen, dem alles egal ist und der anarchie mit chaos und zerstörung gleichsetzt, dann kann der zeitzünder auch auf während der geschäftszeit eingestellt gewesen sein.

ich stelle mir luciano lieber als den ersteren vor: er lebte und arbeitete in einem kollektiv, einem besetzten haus und zentrum mit anderen anarchist_innen zusammen und tat wahrscheinlich das, was viele anarch@s weltweit in ihrem alltag tun: politische veranstaltungen organisieren, auf demos gehen, flyer und zeitungen machen und verteilen, solikonzerte veranstalten, …

nun spinne ich mal weiter: wenn der zeitzünder richtig funktioniert hätte und die bombe, sagen wir mal um 4 h morgens hochgegangen wäre, dann wäre die bank (-fassade) beschädigt oder zerstört worden und es wäre vielleicht ein bekenner_innenschreiben dazu aufgetaucht, das die aktion in einen zusammenhang gestellt hätte.

viele antikapitalist_innen und anarchist_innen hätten diese aktion für gut befunden und als teil des legitimen kampfes gegen das kapital aufgefasst. ich auch.

nun ist die bombe leider in den händen lucianos explodiert und hat ihn schwer verletzt. so schwer, dass er ein leben lang auf die hilfe anderer menschen angewiesen sein wird. wie wird er damit umgehen? wird er seinen idealen treu bleiben oder ob dieses schweren einschnitts in sein leben von ihnen abschwören? wahrscheinlich wird er, falls er überlebt oder weiter leben will, die nächsten monate andere sorgen haben: operationen, reha-maßnahmen, gerichtsverhandlungen und vielleicht knast.

bei solch einer (nach plan verlaufenen) aktion stellt sich die frage, wie sie von den leuten aufgenommen wird. schadet sie der „sache“? können inhalte so transportiert werden? ist das überhaupt beabsichtigt? muss an die leute, die wir ja irgendwie erreichen wollen, gedacht werden? muss immer an die leute gedacht werden? fakt ist, dass keine aktionsform allen gerecht werden kann. es gibt an allen schwachpunkte und kritikwürdige seiten. wenn aber unschuldige menschen zu schaden kommen, ist der grundtenor der öffentlichen reaktionen und meinungen meist klar: die spinnen doch, die anarch@s/kommies/antikapitalist_innen/freiheitskämpfer_innen!

interessant ist ein kommentar unter dem artikel dazu auf auf indymedia linksunten als antwort auf den hinweis, dass bei einem bombenanschlag auch unschuldige menschen getroffen werden können.
er oder sie schreibt: „was ist deine botschaft? „unschuldige menschen“, diese moralische scheiss kannst du dir sonst wo hinstecken. lies ruhig weiter deine graswurzel: „desto mehr gewalt desto weniger revolte“ dass ich nicht lache!“
ein inhaltsleerer, sinnloser „halt-die-fresse“-kommentar. der begriff „unschuldige menschen“ wird als „moralischer scheiss“ abgetan und der oder die schreiber_in wird als graswurzel-leser_in bezeichnet, was wahrscheinlich als eine art beleidigung gemeint sein soll.
meine frage an den kommentierenden menschen wäre, wie er es fände, wenn seine lebenspartner_in oder sein kind oder sein vater oder sein bester freund einer dieser „unschuldigen menschen“ wäre, die bei einem anschlag draufgehen. wahrscheinlich wäre er so eiskalt und revolutionär, dass er schulterzuckend mit einem begriff antworten würde: „collateralschaden“.
natürlich gibt es aus einem antikapitalistischen blickwinkel keine „unschuldigen menschen“: wir alle sind teil der maschinerie und halten sie durch lohnarbeit und konsum aufrecht. aber daraus den umkehrschluss zu ziehen, dass darum ruhig alle drauf gehen können, ist so zeimlich das dämlichste, was ich seit langem im internet gelesen habe. und da findet sich ziemlich viel dämliches…
später führt er/sie das noch weiter aus und rechnet gegen die „collateralschäden“ von bombenanschlägen die unzähligen, täglichen toten im namen des kapitals auf. er/sie hat recht: es sterben jeden tag zehntausende von menschen. unschuldige. als opfer eines systems, das anders niemals funktionieren wird, ja anders niemals funktionieren kann. aber rechtfertigt das eine das andere? [die folgende kommentar-diskussion ist teilweise sehr lesenswert. technisch interessant ist der kommentar zur funktionsweise des sprengsatzes.]

luciano ist kein held, märtyrer oder anarchistischer kombatant.

luciano ist ein 22jähriger junger mann ohne hände und augenlicht. es ist ihm zu wünschen, dass seine freund_innen und genoss_innen, die teilweise schon aus mauricio morales einen märtyrer gemacht haben, zu ihm halten und ihn nicht alleine lassen. dann zeigt sich, ob solidarität funktioniert: wer kümmert sich um ihn? ein blinder mensch ohne hände ist zu großen teilen ein „pflegefall“. es wird ganz konkret um hilfe beim an- und auskleiden, essen, trinken, bei der körperpflege, bildung und mobilität gehen.

-englischer text auf viva la anarquia
-kommentar einer chilenischen anarchistin unter dem indymedia deutschland-artikel dazu
-für des spanischen mächtige

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deutsche, kauft deutsche bananen! – regionale nazis für deutsche bauern

nachdem die nazis der region schon am 23.10.2011 in offenburg eine schlappe hinnehmen mussten, wollen sie sich schon wieder der lächerlichkeit preis geben.
am samstag, den 22.10.2011 werden sie um 14 uhr unter dem motto “Ohne Bauernstand stirbt unser Vaterland – nur regional ist national” für erheiterung sorgen und krampfhaft versuchen den leuten ihre menschenverachtende ideologie sozial mit grünem anstrich zu verkaufen. der erste aufruf kommt von den freien kräften ortenau.
als redner wird der schweizer nazi philippe eglin aufgeführt. er ist vorsitzender der sektion basel der nazipartei pnos.

auf ihrem blog gehen sie kurz auf das datum der letztjährigen demo ein: „Die kühnste Behauptung war jedoch, wir würden absichtlich am 70. Jahrestag, der Deportierung der badischen Juden ins Lager Gurs aufmarschieren, um zu provozieren!! Ich danke der Presse dafür, denn von nun an haben wir einen guten Grund, in jedem Jahr an genau diesem Datum einen Aufmarsch zu organisieren!“. der jahrestag der deportation der badischen jüd_innen ist also ein guter grund für die freien kräfte ortenau und ihre unterstützenden gruppen für eine faschistische demo. deutlicher könnten sie ihren antisemitismus und menschenhass gar nicht zeigen.

der aufruf

die nazis wenden sich in ihrem ersten aufruf gegen die von der werbung initiierte „„Geiz ist geil“-Mentalität“, die „einen immer härteren Preiskampf im Lebensmittelsektor“ hervorrufe. sie sprechen sich mit „Damit einheimische Bauern bei diesen Schleuderpreisen überleben können, werden sie vom Land und der EU teuer subventioniert. Diese Subventionen zahlt am Ende wieder der Steuerzahler.“ gegen das subventionssystem der eu (ha, gegen die eu sind wir ja auch, oder?) aus und biedern sich beim steuerzahler an.
schließlich wollen sie „Lebensmittel [sic] aus dem Ausland die Rote Karte Zeigen [sic] und beim Einkauf bewusst auf regionale Produkte setzen“. dabei würden sie sogar höhere preise in kauf nehmen, um den deutschen bauern zu stärken und um ihm faire preise zu ermöglichen.
der aufruf schließt mit den supi parolen „Alle Räder stehen still, wenn dein Konsumverzicht es will!!! Nationalen Sozialismus erkämpfen – Jetzt und Hier!!!“.

der ökologische anspruch, der durch die forderung nach regionalen produkten mitschwingt, wird gar nicht erst vertieft, sondern sie setzen nur auf die stärkung des deutschen bauernstandes. das wollen sie erreichen, indem sie ein boykott ausländischer produkte fordern. nur so könnten gerechte löhne für den deutschen bauern garantiert werden. da einheimische produkte mehr kosten würden, wie importierte, wären sie sogar bereit, heldenhafte deutsche, die sie sind, mehr zu bezahlen. wow, das nenne ich mal national und sozial. dem gegenüber steht die wirre parole am ende „Alle Räder stehen still, wenn dein Konsumverzicht es will!!!“. einerseits wollen sie mehr geld ausgeben für regionale, deutschnationale produkte, um die deutsche landwirtschaft anzukurbeln, andererseits wollen sie alle räder anhalten und konsumverzicht üben. ja was denn nun, liebe verwirrte nationale sozialisten und sozialistinnen? da müsst ihr dem volk schon genauere anweisungen geben, sonst wird das mit der nationalsozialistischen revolution in offenburg nichts.

die nazis heulen dem deutschen bauern hinterher (den es nur noch in ihrer wirren fantasie gibt) und klammern aus, dass die subventionspolitik deutschlands und der eu und das konsumverhalten ihrer bürger_innen ganz andere, gravierendere auswirkungen weltweit hat. in vielen teilen der welt bedeutet dies für die menschen vor ort hunger, armut und tod. aber das kümmert den strammen, deutschnationalen bauernfreund nicht. die vorteile dieser politik nimmt er gerne an und igelt sich ansonsten in seiner kleinen nationalen fanatasiewelt ein.

die forderungen nach regionalen produkten, der einstellung der eu-subventionspolitik und fairen preisen für die bäuer_innen sind aber untrennbar verbunden mit der abschaffung der kapitalistischen wirtschaftsordnung und der schaffung einer solidarischen weltgemeinschaft, die sich an ökologischen und sozialen belangen aller menschen orientiert. solange wir im kapitalismus leben, wird es unsinnige subventionen, wahnsinnige transportwege und ausgebeutete arbeiter_innen geben.
wir leben in einer vernetzten welt, in der wir alle voneinander abhängen und aufeinander angewiesen sind. die forderung nach einer nationalen wirtschaft ist unsolidarisch, egoistisch, zu kurz gedacht und menschenverachtend. sie ist faschistisch und den freien kräften ortenau würdig.

regionale produkte sind zu bevorzugen. nicht weil wir damit den deutschen bauernstand stärken, sondern weil wir ökologischer konsumieren. die eu-subventionen sind abzulehnen. nicht weil sie den deutschen bauernstand schädigen, sondern weil sie hauptsächlich großkonzernen zu gute kommen, tierquälerei und tiermord finanzieren und menschen in ärmeren ländern in armut, hunger und tod treiben.

mit den forderungen der freien kräfte ortenau ist kein blumentopf zu gewinnen, geschweige denn ein schönes leben.
aber hören wird sie am 22.10.2011 sowieso wieder niemand, da auch dann der protest laut und bunt sein wird.

alle gemeinsam gegen nazis.
für ein schönes leben jenseits von nation und kapital.

[wer sich den blog zur nazidemo und den ganzen aufruf anschauen will, sollte dies mit einer anonymen verbindung tun. hier könnte tor ein gutes werkzeug sein. hier die adresse der naziseite: http://logr.org/freiekraefteortenau/]

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reclaim the streets party in lahr: 25 und ein pavillon

25 menschen fanden sich gestern am frühen abend bei strömendem regen zur ersten reclaim the streets party (rts) auf dem marktplatz in lahr ein und feierten für ein selbstverwaltetes jugendzentrum.

Für autonome Jugendtentrendas angebot für jugendliche liegt in lahr, wie in den meisten städten, in den händen der stadt und wird von sozialarbeiter_innen begleitet und durchgeführt. hier seien das „kinder- und jugendbüro“ und der „schlachthof – jugend und kultur“ genannt.

seit zwei jahren gibt es in lahr die gruppe eleu, die einen anderen ansatz vertritt: ein autonomes und selbstverwaltetes (jugend-) zentrum muss her. ein erster schritt in diese richtung wurde schon getan. in einem unbenutzten raum der partei „die grünen“ betreibt sie das asj eleu. hier finden vegane brunches, politische veranstaltungen, plena und vorbereitungstreffen statt.
für größere und vor allem laute veranstaltungen wie konzerte oder partys ist dieser raum aber zu klein und liegt ungünstig inmitten von familien bewohnten häusern.

die initiative „lahr für alle“ hat nun eine kampagne mit der forderung nach einem selbstverwalteten jugendzentrum gestartet, deren erste aktion die gestrige rts-party war. 25 menschen feierten und tanzten gegen strömenden regen, verteilten flugblätter an die wenigen passant_innen, spielten federball und indiaka und aßen chili sin carne. ein redebeitrag erklärte die situation für die jugendlichen in lahr und zeigte warum für sie ein selbsverwaltetes zentrum erstrebenswert ist.

das wetter war scheiße, wir waren wenige und wir kommen wieder.
das autonome jugendzentrum muss her.

[mehr fotos zur aktion findet ihr auf der indylinxunten-version des artikels]

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die wahl der qual

baden-württemberg nach den landtagswahlen und die hoffnung auf veränderung

ich fange mal ganz nüchtern mit ein paar zahlen an:

mit 66,2 % war die wahlbeteiligung bei den diesjährigen landtagswahlen in baden-württemberg um einiges höher als noch vor fünf jahren. da lag sie bei 53,4 %

wahlberechtigt waren ca 7,8 millionen menschen ab 18 jahren mit deutscher staatsangehörigkeit.

insgesamt leben hier 10,75 millionen menschen. davon haben ca 1,18 millionen keinen deutschen pass und keine wahlberechtigung.

d.h., dass 2,95 millionen menschen von vorneherein von der demokratischen wahl des landtages ausgeschlossen waren.

und von den wahlberechtigten gaben 2, 64 millionen menschen ihre stimmen nicht ab.

dazu kommen noch ca 69 000 ungültige stimmabgaben.

also wurde am 26.03.2011 von 5,16 millionen menschen der landtag gewählt, der aber über die belange von 10,75 millionen menschen bestimmen will.

diese 5,16 millionen haben so gewählt, dass sich nun ein regierungswechsel ergeben hat und zum allerersten mal seit 1000 jahren (na ja nach 58 jahren) die cdu nicht an der regierung sein wird. diese stellen die grünen und die spd. ich kenne niemanden, der sich nicht über die niederlage von mappus und co freut. (und auch das jämmerliche unter 1 % ergebnis der nazipartei npd ist erstmal als positiv zu bewerten, da nun keine wahlkampfkostenerstattung in die leeren kassen der braunen fließt.) aber ich kenne auch kaum jemanden, der euphorisch den sieg der grünen und der spd gefeiert hat.

dass der regierungsaustausch veränderungen mit sich bringen wird, ist klar. es werden sicher auch ein paar darunter sein, die ich gut finde.

aber wer glaubt, dass wir nun in ein goldenes…äh grünes…äh rotes…atomstromfreies zeitalter ohne klüngel, lobbyismus und vetterleswirtschaft gestreichelt werden, hat die rechnung ohne das system gemacht.

es ist das selbe system, das aus einem frankfurter straßenkämpfer einen kriegstreibenden herrenmenschen gemacht hat, aus einem ehemaligen raf-anwalt und grünen der ersten stunde einen fanatischen überwachungshardliner. es ist das system, das sozialdemokrat_innen und basisdemokratische ökos in kriegsbefürworter_innen und hartz IV-abnicker_innen verwandelte. das gleiche system, in dem parlamentarische entscheidungsträger_innen in den aufsichtsräten der (energie-) konzerne sitzen oder nach ihrer politischen karriere dort lukrative posten erhalten. das system, in dem konzerne entscheiden, was gut für uns ist und was schlecht.

es wird zu keinen grundlegenden veränderungen kommen. das ist nach keiner einzigen wahl der weltgeschichte geschehen und das wird es auch in zukunft nicht. das system kann das system nicht verändern. macht korrumpiert unumgänglich. dafür gibt es so viele beispiele in der geschichte. aber mir fällt keines ein, das das gegenteil belegen würde.

vielleicht wird der unterirdische bahnhof nicht gebaut. vielleicht wird der atomausstieg in naher zukunft wirklichkeit.

aber die nächsten menschenverachtenden geldmaschinen werden schon erdacht und auf unseren rücken errichtet. nur wenn wir uns aufrichten und uns in augenhöhe begegnen, uns auf die wirklich wichtigen dinge besinnen und unsere belange selbst in die hände nehmen, beenden wir den teufelskreis aus macht und geld.

solange wir nur die wahl der qual haben und alle vier oder fünf jahre unsere stimmen abgeben und das als das non plus ultra an politik begreifen, wird es immer wieder untergrundbahnhöfe und atomkraftwerke geben. sie werden uns weiter mit wasserwerfern die augen ausschießen und damit davon kommen. sie werden die ganze welt verstrahlen und es uns als „nicht bevölkerungsgefährdend“ verkaufen (und das im wortsinn). sie werden weiter kriege führen, um an der macht zu bleiben und waffen zu verscherbeln. sie werden uns total überwachen und präventiv bestrafen und es (innere) sicherheit nennen. sie werden die erde in die luft jagen und es uns als gratisfeuerwerk anpreisen. und solange wir dazu nur blöken wie die schafe auf dem weg zur schlachtbank, wird das auch so bleiben.

der ruf nach einer revolution schien bis vor einem viertel jahr nur noch ein romantisches überbleibsel aus vergangenen tagen zu sein. doch die ereignisse in nordafrika und teilen arabiens zeigen uns wieder, dass es möglich ist, direkt einfluss zu nehmen, ohne auf die nächste wahl zu warten, ohne bittsteller_innen zu sein.

wir sollten endlich unsere eigenen revolution machen. sie wird sicher nicht so perfekt und rein sein, wie wir uns das in unseren linksradikalen nischen erhoffen, aber sie wird sein und sie wird grundlegende veränderungen bringen.

„wir wollen die soziale revolution, und es ist nichts peinlich daran, darüber zu reden und davon zu träumen.“ [früchte des zorns]

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bellum gerere? libyen im krieg

 

in libyen geht die post ab! ein neuer krieg ist geboren. und dann gibt’s dort in diesem komischen land in nordafrika auch noch öl. und zwar ne ganze menge.

wieder einmal haben sich ein paar westliche nationen zusammengetan, um freiheit und demokratie zu ermöglichen. und das auch noch mit einladung der aufständischen menschen. und die nato ist nun auch mit von der partie.

widersprüche gehören zum leben: ich bin auf der seite der aufständischen, aber gegen eine militärische einmischung anderer staaten. als anarchist heiße ich es grundsätzlich gut, wenn sich die unterdrückten gegen ihre unterdrücker erheben. das ist immer ein fortschritt. aber die erfahrung zeigt, dass ein handfester krieg das leiden der menschen auf beiden seiten vervielfacht.

außerdem unterstelle ich den „rettern“ aus dem westen, dass sie nicht uneigennützig handeln (müssen sie das?), sondern haupsächlich ihren eigenen vorteil und profit im auge haben. die menschen scheinen eher unter ferner liefen zu rangieren, denn sonst würde es am laufenden band humanitäre einsätze in der ganzen welt geben, der welthunger würde ernsthaft ins visir genommen werden und die rüstungsindustrie der vergangenheit angehören.

warum wird gerade in libyen interveniert? ist es wegen der verstaatlichten ölreserven? oder weil das land nördlich der sahara wichtiger brückenkopf im kampf gegen flüchtlinge ist, die nach europa wollen? oder weil die menschen um diese hilfe gebeten haben? oder weil die usa, frankreich und großbritannien ihre werte von demokratie und freiheit ernst nehmen? vielleicht ist es von allem ein bischen…

warum aber wurde gaddafi jahrzehntelang hofiert und gehätschelt? es war bekannt, dass er ein verrückter diktator, folterer und mörder ist.

dafür scheint es ein paar gründe zu geben: er hat(te) die macht über unzählige erdölfelder und war somit begehrter handelspartner für viele industrienationen. libyen entwickelte sich in den letzten jahren zu einem effektiven brückenkopf in der flüchtlingsabwehr für die europäische union. und zu guter letzt ist (oder war?) gaddafis armee eine verlässliche kundin für (besonders deutsche) rüstungsfirmen: militärischer geländewagen, hubschrauber, kommunikationstechnik und störsender wurden verhökert. selbst die usa, jahrzehntelang erbitterter feind gaddafis, näherten sich ihm wieder an und gaddafis sohn wurde auf einer usa-reise unter anderem von vertreter_innen der rüstungsindustrie umgarnt. tja, hier schien es schon immer um viel geld zu gehen…

und nun der krieg: was als aufstand begann und eine weiterführung der geschehnisse in tunesien und ägypten zu sein schien, entwickelte sich zu einem bürgerkrieg (sagen die einen) oder genozid (sagen die anderen). für die usa, großbritannien und frankreich grund genug einzugreifen. wie wahr sind die nachrichten und analysen aus libyen? wie oft wurden schon fakten erfunden und falsche vergleiche gezogen, um einen krieg zu rechtfertigen? sind es vielleicht doch uralte stammesfehden, die nun wieder aufbrechen? machtspiele as usual? was kommt nach dem krieg? wird es den menschen dort dann besser gehen? wieviele wären ohne die interventionen gestorben? wieviele sterben durch sie? sind solche fragen zynisch und ein widerlicher bodycount?

der kampf um die städte wogt inzwischen hin und her, menschen sterben auf beiden seiten. seien es nun soldaten oder zivilist_innen.

wie geht’s weiter in libyen?

interessante texte und linx zum thema:
linksunten
labournet
telepolis
indymedia.de
anarkismo
taz
interview (weitläufig zum thema)

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