Israel und Palästina – Es ist kompliziert… Ist es das?

So lange ich denken kann, höre, sehe und lese ich Nachrichten über den Konflikt in Israel und Palästina. Begriffe wie Sechs-Tage-Krieg, IDF, Intifada, PLO und Namen wie Meir, Arafat, Rabin, Camp David sind mir geläufig. Immer wieder habe ich als Anarchist versucht, den Konflikt zu verstehen, mir eine Haltung anzueignen, die Bestand hat. Es gelingt mir nicht und inzwischen denke ich, dass es das auch nicht muss. Aber das denke ich zu vielen Konflikten und Kriegen in der Welt, die einfach nicht enden.

Die Situation vor Ort ist aus verschiedenen Gründen festgefahren und verworren. Schon allein die regionalen historischen Gegebenheiten würden ausreichen, den Konflikt am Laufen zu halten. Es gibt weltweit viele Beispiele, bei denen es ähnlich läuft. Hinzu kommt der europäische und natürlich deutsche Antisemitismus der letzten Jahrhunderte, die überall stattgefundenen Pogrome und die Shoa, die versuchte Vernichtung allen jüdischen Lebens, bei der über sechs Millionen Jüdinnen:Juden in den Vernichtungslagern der Nazis ermordet wurden. Der europäische Antisemitismus und die nationalsozialistische „Endlösung“ sind untrennbar mit dem Konflikt verwoben.

Es gib hunderte von Büchern zum Thema und einige habe ich gelesen. Ich habe unzählige Diskussionen dazu verfolgt und geführt. Ich habe das Aufkommen und Verschwinden der antideutschen Bewegung beobachtet. Ich habe dann jahrelang vom Konflikt nichts wissen wollen, auch weil es so viel anderes hier zu tun gibt: Die Klimakatastrophe bekämpfen, die AfD in ihre Schranken verweisen, Schwurbler*innen entgegentreten, sich für Geflüchtete und die Bewegungsfreiheit aller einsetzen, für die Tierbefreiung eintreten und den Anarchismus voranbringen.

Am 7. Oktober 2023 haben Terror-Kommandos der islamistischen Hamas aus dem Gazastreifen Israel überfallen, über 1400 Menschen ermordet, viele verletzt und hunderte entführt. Sie gingen dabei äußerst brutal und menschenverachtend vor. Gleichzeitig wurden massive Raketenangriffe auf Israel gestartet. Es gibt unzählige schreckliche Videoaufnahmen, Berichte und Augenzeug*innenberichte, die das belegen und ich sehe keinen Grund, diese zu bezweifeln. Wer bisher noch nicht verstanden hat, was die Artikel 7 und 22 der Hamas-Charta bedeuten, konnte es am siebten Oktober endlich begreifen: Die faschistische Hamas meint es ernst mit der Auslöschung jüdischen Lebens. Sie bringt Menschen um, weil sie Jüdinnen:Juden sind. Sie ist keine antikoloniale Befreiungsbewegung. Sie steht nicht auf der Seite der Unterdrückten. Sie ist eine religiös-fundamentalistische Terror-Gruppe.

Als Reaktion auf den Hamas-Terrorismus startete der israelische Staat eine bis dahin unvorstellbare Bombardierung des Gazastreifens. Die Kollateralschäden, also getötete und verletzte Zivilist*innen und zerstörte Infrastruktur, sind enorm. Das lässt sich in einem der am dichtesten besiedelten Gegenden der Welt gar nicht verhindern, auch wenn die IDF im Vorfeld immerhin Warnungen ausspricht. Die Kritik am Vorgehen der IDF ist in der ganzen Welt groß und ich teile sie. Natürlich erfüllen die Bombardements ihren Zweck: Sie vernichten Hamas-Infrastruktur. Aber sie töten und verletzen auch unschuldige Menschen. Sie bringen die bisher sowieso schon schlechte Versorgung der Menschen in Gaza zum Erliegen. Die Reaktion der IDF sieht auch wie Rache aus: Wieder einmal entstehen Bilder, die der Hamas und anderen Antisemit*innen in die Karten spielen. Der Kampf von David gegen Goliath. Steine gegen Maschinengewehre. Unterdrückte gegen Unterdrücker*innen. Die israelische Armee ist eine der mächtigsten und modernsten der Welt. Die Hamas wirkt dagegen wie eine stümperhaft ausgerüstete Hobby-Armee. Dazu die Behauptung von der Befreiungsbewegung gerührt und fertig ist der Freiheitskampf-Eintopf. Nur mal so als Idee: Was würde geschehen, wenn Israel nicht zurückschlagen würde? Wenn es stattdessen mit den fortschrittlichen Kräften in Gaza zusammenarbeiten würde? Schließlich sind nicht alle Menschen in Gaza Hamas-Terrorist*innen. In den letzten Monaten und Jahren gab es dort wiederholt Demonstrationen gegen die Hamas. Der Teufelskreis aus Gewalt, Terror und Krieg muss durchbrochen werden. Ich weiß, dass das viel verlangt ist, aber ich glaube nicht, dass die fanatische Hamas dazu fähig ist.

Ich denke, dass die Menschen in Palästina ohne die Hamas besser dran wären: Eine Gruppe, die den Islamismus und die Vernichtung Israels als Doktrin hat, kann und will nicht zum Frieden in der Region beitragen. Nehmen wir einmal an, dass die Hamas ihre Ziele erreicht: Israel ist vernichtet, alle Juden:Jüdinnen wurden ermordet oder vertrieben und die Hamas ist nun an der Regierung in Groß-Palästina. Was für ein Staat würde das sein? Schaut euch ihre Geschichte an, lest ihre Gründungscharta. Es würde eine islamistische Diktatur sein, in der Frauen und queere Menschen keine Rechte hätten und jede Freiheitsbestrebung im Keim erstickt würde.

Ich hatte 2011 große Hoffnung in das Manifest der Jugend von Gaza gesetzt: Endlich mal Menschen in Gaza, die sich öffentlich gegen die Hamas positionieren und benennen und zeigen, dass auch diese sie nur unterdrückt. Leider gab es in Gaza nie eine Revolution gegen die Hamas. Widerspruch gibt es hingegen immer wieder.

Ich konnte Linke nie verstehen, die die Hamas abfeierten. Die Hamas steht gegen alles, was Linken normalerweise wichtig ist. Sie steht für alles, was Linke ablehnen. Und nur weil der Konflikt im Kontext Israel und Palästina angesiedelt ist, werfen viele Linke ihre Ideale und Ansprüche über Bord. Das hat einen ekligen Beigeschmack. Warum fällt es vielen so schwer zu sagen: „Ich stehe an der Seite der Menschen in Gaza, aber die antisemitische Hamas unterstütze ich nicht, weil sie eine faschistisch-islamistische Terror-Organisation ist.“ Ich kann mich mit den Menschen in Gaza solidarisieren und trotzdem die Hamas ablehnen und das Existenzrecht Israels anerkennen. Und als emanzipatorische*r Linke*r oder als Anarchist*in muss ich das auch.

Ich wünsche mir, dass die Menschen in Gaza endlich einsehen, dass sich die Hamas einen Scheißdreck um ihre Belange schert. Und immer mehr scheinen das auch zu tun. Die Hamas ist nur eine weitere von vielen Akteur*innen, die um die Macht ringen, die herrschen und unterdrücken wollen und dabei auch über palästinensische Leichenberge geht. Freiheit für Palästina (was das auch immer sein soll) wird es nur ohne die Hamas geben.

Noch ein Wort zu Israel: Israel ist ein Staat. Und ich als Anarchist halte den Staat für den falschen Weg, Gesellschaft zu organisieren. Aber Israel ist kein Staat wie jeder andere, da er Zuflucht für alle Juden:Jüdinnen der Welt ist, die seit Jahrhunderten unter Antisemitismus, Verfolgung und Pogromen leiden und die Shoa überlebt haben. Dass die Gründungsgeschichte Israels keine schöne ist, ist mir bewusst (Aber welche Gründung egal welchen Staates ist schon schön?). Die innenpolitische Situation in Israel ist keine gute: Eine rechtsextreme Regierung unter dem unsäglichen Benjamin Netanjahu, autoritäre Bestrebungen, die unabhängige Justiz zu übernehmen, jüdisch-fundamentalistische Gruppierungen und die ständig intensivierte Siedlungspolitik machen das Ganze nicht einfacher. Und dennoch halte ich es für falsch, gerade dem Staat Israel in einer Welt aus Staaten das Existenzrecht abzusprechen. Auch das hätte einen ekligen Beigeschmack. Ich fange lieber hier bei mir zu Hause an und fordere die Auflösung des Staates Deutschland.

Es ist kompliziert… Ist es das? Ja. Immer noch.

In diesem Sinne, als erster Schritt: Free Palestine…from Hamas!

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Prozess gegen Ortenauer Antifaschist*in im Rahmen der Repression am 4. März 2023

Heute fand der erste Prozess gegen eine*n Ortenauer Antfaschist*in im Rahmen der Repression gegen die antifaschistische Demo während des AfD-Landesparteitags am 4. März 2023 (1, 2, 3, 4, 5, 6) vor dem Offenburger Amtsgericht statt.,

Über 30 solidarische Menschen kamen um 7:30 Uhr morgens in die Hildastraße 5, um die betroffene Person zu unterstützen.

Es wurden in drei Wannen einige Bullen angekarrt. Diese lungerten um das Gericht herum und führten akribische Einlasskontrollen durch: Jede Person musste den Personalausweis vorzeigen. Telefone, Acessoires wie z. B. Ketten an der Hose, Taschen und Rucksäcke  mussten abgegeben werden. Danach wurden alle intensiv abgetastet (Haha, ich war ungeduscht!). So verschob sich der auf 8 Uhr angesetzte Prozessbeginn auf nach 8:30 Uhr.

Der angeklagten Person wurde von der Staatsanwaltschaft Verstoß gegen das Vermummungsverbot während der Demo vorgeworfen.
Nachdem Angaben zur Person gemacht wurden, trat ein Bulle als einziger „Zeuge“ auf: Er war während der Demo gar nicht anwesend sondern ist der zuständige Sachbearbeiter, der die Video- und Fotoaufnahmen gesichtet hatte, auf denen die angeklagte Person angeblich zu identifizieren sei.
Als die Richterin Fotos der Demo zeigen wollte, bestand der Anwalt der angeklagten Person darauf, dass die Videoaufnahmen vor Gericht gezeigt werden müssen, da nur so der Ort, Zeitpunkt und die Umstände der angeblichen Vermummung festgestellt werden können. Nicht in jeder Situation sei eine Vermummung ein Verstoß gegen das Versammlungsgesetz. Da Digitalisierung für deutsche Bullen und Gerichte nach wie vor Neuland ist, konnten die Aufnahmen weder gezeigt noch auf die Schnelle beschafft werden.
So wurde der weitere Prozessverlauf verschoben, womit weder die Richterin noch der Staatsanwalt „Schmerzen“ hatten. Die Richterin war optimistisch, dass das Videomaterial in ein bis zwei Wochen zu beschaffen sei. Na dann.

Zettel am Eingang des Offenburger Amtsgerichts

Wenn ihr Post von den Bullen, der Staatsanwaltschaft oder einem Gericht bekommen habt, wenn ihr Betroffene der Repression gegen die antifaschistische Demo vom 4. März 2023 seid, meldet euch bei der Roten Hilfe! Ihr seid nicht allein und sollt es auch nicht sein.

Solidarität ist eine Waffe!

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Sie lassen nicht locker: Erneut Razzien in Freiburg wegen Archiv linksunten.indymedia.org

In Freiburg gab es erneut Razzien im Zusammenhang mit der Archivseite von linksunten. Fünf Genoss*innen wurden von den Bullen schikaniert: Ihnen wird vorgeworfen, die statische Archivseite erstellt und somit gegen das Vereinsverbot verstoßen zu haben. Es sind die gleichen, die schon 2017 im Zuge des linksunten-Verbots durch den damaligen Bundesinnenminister Thomas de Maizière mit Repression überzogen wurden.

Lest hier den Bericht der Autonomen Antifa Freiburg.

Nachdem im Januar das Freie Radio Dreyeckland dran glauben musste, weil in einem Artikel auf die Archivseite verlinkt wurde, bleiben die Repressionsbehörden hartnäckig und nehmen sich nun die angeblichen Vereinsmitglieder von 2017 wieder vor. Es gibt inzwischen mindestens drei Archivseiten von linksunten.indymedia.org. U.a. von Tachanka in den USA und Autistici/Inventati in Italien.

Solidarität mit den Betroffenen!
Still loving linksunten!

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St-Imier 2023: Das zweite Internationale Antiautoritäre Treffen

Heute in einer Woche beginnt das zweite Internationale Antiautoritäre Treffen der neueren Zeit in St-Imier in der Schweiz. Inzwischen gibt es ein umfangreiches politisches und kulturelles Programm, das sich sehen lassen kann.

Anfänglich war ich skeptisch wegen den diversen Kontroversen (1, 2), die ich im Vorfeld mitbekommen habe. Inzwischen haben mich einige Überlegungen, Austausche und die Stellungnahme des Orga-Kollektivs besänftigt und ich habe mich entschieden, hinzufahren.

Vor 11 Jahren war ich ebenfalls dort und war überwältigt von dem Treffen, dem Austausch, der Orga und den vielen coolen Leuten, die ich kennenlernen durfte. Von daher bin ich sehr gespannt, auf dieses Jahr: Es gibt – neben den üblichen Streitpunkten wie z. B. Gewalt – durchaus Sprengstoff in der Bewegung, den es 2012 so konkret nicht gab: Die Corona-Pandemie und der Krieg Putins gegen die Menschen in der Ukraine.

Nichtsdestotrotz freue ich mich, dass ich mich entschieden habe, doch hinzufahren. Es gibt viele interessante Workshops und Vorträge, Theateraufführungen und Konzerte. Allein wegen Kalashnikov Collective aus Mailand lohnt sich das Ganze schon.

Auf der Seite anarchy2023.org findet ihr alle wichtigen Infos in fünf Sprachen zum Treffen.

Auf nach St-Imier!

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„Was tun wenn’s brennt?“: Veranstaltung zu den Geschehnissen vom 4. März und zu staatlicher Repression

[alarm Offenburg veranstaltet gemeinsam mit dem R12 einen Vortrag zu Antirepression und der Bullengewalt auf der Demo gegen den AfD-Landesparteitag in Offenburg vom 4. März diesen Jahres]

„Was tun wenn’s brennt?“: Veranstaltung zu den Geschehnissen vom 4. März und zu staatlicher Repression

Zu den Ereignissen während der antifaschistischen Demo am 4. März in Offenburg im Besonderen und staatlicher Repression im Allgemeinen

Wer sich politisch betätigt, gegen Kapitalismus, Nazis und Ungerechtigkeiten aller Art lautstark und gemeinsam sich mit anderen zur Wehr setzt, macht schnell unangenehme Bekanntschaft mit den staatlichen Repressionsorganen.

Personenkontrollen auf dem Weg zur Demo, Festnahmen aus fadenscheinigen Gründen, Vorladungen und Geldstrafen gehören für viele politische Aktivist*innen fast schon zum Alltag.

Die Rote Hilfe Freiburg informiert in diesem Vortrag zusammen mit dem Ermittlungsausschuss Freiburg über die häufigsten staatlichen Repressionsmaßnahmen und gibt Tipps für den besten Umgang damit. Dabei kommen wir auch auf die Demo am 4. März 2023 in Offenburg zu sprechen.

Eine Veranstaltung von alarm Offenburg und dem Linken Zentrum R12 Offenburg

Freitag, 14.07.2023, 19 Uhr Linkes Zentrum R12, Offenburg

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Musik für Kids im Jahr 2023: Sukinis „Da haben wir den Salat“ rockt die Kinderzimmer!

Nach über dreißig Jahren Punk, schreibe ich hier meine erste Plattenrezension und dann auch noch über eine rap-rock-artige Kinderplatte…los geht’s!

Schon die erste Platte von Sukini „Schmetterlingskacke“ von vor vier Jahren war bis vor Kurzem die beste Kinderliederplatte, die ich je gehört habe. Und ich kenn so einige richtig schlimme…Sie war ein totaler Gegenentwurf zum ekligen Rolf Zuckowski und Co. Bei Sukini reimt sich Anarchie auf Fantasie und in superverständlicher Sprache verhandelt sie genau die Themen, über die sie schon als Zeckenrapperin Sookee für „Erwachsene“ gerappt hat: Feminismus, Gefühle, Homosexualität, Gleichberechtigung, Queerness, Respekt, Bewegungsfreiheit u.v.m.

Nun kam ihre zweite Platte raus: „Da haben wir den Salat“. Und sie toppt noch die Erste. Das ist richtig gute Mucke mit Gänsehauttexten: Warum gab es solche Musik nicht, als ich sie gebraucht hätte? Die Musik ist nicht mehr so raplastig sondern rockiger, sie ist sehr vielseitig und es kommen verschiedene Instrumente zum Einsatz. Dafür holt sie sich Support von Saskia Lavaux, der Band D!E GÄNG und Shaban. Inhaltlich schließt sie an die erste an. Sie ist aber deutlicher, härter und fordernder. Vielleicht auch, weil ihr eigenes Kind jetzt älter ist und zur Schule muss? Würde mich nicht wundern, wenn sie eine Freie Schule gründet.

„Her mit der Revolution, liebe Leutis,
her mit der Revolution!“
Sukini; aus dem Song „Okay leutis“

Für mich ist der Hit der Platte auf jeden Fall „Da haben wir den Salat“: Ein Lied gegen Tierausbeutung und für den Veganismus. Yeah! Aber auch alle anderen Stücke sind absolute Knaller. Es geht um Gefühle, Schule, Zensuren, Achtsamkeit, Geschlechter, Kinderrechte, häusliche Gewalt, Vielfalt und den Safer Space Frauenhaus. Am Ende kommt wie bei „Schmetterlingskacke“ ein Einschlaflied.

„Sie sind kein Schinken, Mortadella, ihre Milch kein Mozarella.
Kein Ei, kein Fisch auf’n Tisch, kein Kaninchen auf’m Teller.
Sie alle gehören in Gewässer, auf Wiesen oder Felder.
Und die Milch der lieben Kuh trinken die Kälber besser selber.“
Sukini; aus dem Song „Da haben wir den Salat“

Diese Platte sollte in allen Kinderzimmern und auf allen Kindergeburtstagen rauf und runter laufen: Philosopie, Politik, Ethik und Sexualität sind nicht nur Erwachsenenthemen. Alle Kinder haben das Recht über sie adäquat, emanzipatorisch und verständlich informiert zu werden. Und das macht Sukini mit ihrer Musik. Und es würde sicher nicht schaden, wenn die Erwachsenen auch zuhören.

Dass das Ganze wie schon die letzte Platte beim weltgrößten Musik-Konzern Universal Music Group verlegt wird, ist für mich schon ein Wermutstropfen (Ich konnte mich jedenfalls nicht dazu überwinden, denen noch mehr Kohle in den Rachen zu stopfen und hab mir die Songs auf anderem Weg besorgt). Aber wenn ich sehe, wie Kinder in meinem Umfeld auf Sukinis Musik abfahren, kann ich beide Augen zudrücken…und auf „play“ drücken!

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Offenburg: Leave noone behind – Gegen die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems

40 Menschen folgten dem Aufruf von Solid Ortenau und trafen sich zu einer Kundgebung gegen die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems.

Am achten Juni beschlossen die EU-Innenminister*innen die Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS). Die Festung Europa wird nach dieser Reform noch enger abgesichert gegen Menschen, die in ihr Zuflucht und Schutz vor Krieg, Hunger, Verfolgung und den Folgen der Klimakatastrophe suchen oder dort einfach nur auf ein besseres Leben hoffen. Sie sollen erst gar nicht reingelassen, sondern an den Außengrenzen gesammelt und zurückgeschickt werden. Weit weg von kritischen Menschen und Organisationen werden Pushbacks, menschenunwürdige Lager und andere Grausamkeiten zunehmen. Die Botschaft ist klar: Kommt erst gar nicht zu uns! Wir wollen euch nicht! Bis Ende 2023 soll der Reformvorschlag dann durch das Europaparlament gebracht werden, das hier ein Mitspracherecht hat.

[Fotos anklicken, um sie zu vergrößern]

Gegen diese Pläne, die Festung Europa noch mehr hochzurüsten, trafen sich heute ca. 40 Menschen auf den Offenburger Rathausplatz. In Redebeiträgen von Solid, Solidarity Ortenau, die Linke und von anderen drückte sich eine tiefe Ablehnung gegen diese Abschottungspolitik aus. Systemische Ursachen wurden benannt und die Rolle der diversen Polizeien bei z. B. Abschiebungen und Pushbacks angeprangert. Immer wieder wurde sich solidarisch mit geflüchteten Menschen erklärt und offene Grenzen gefordert.
Nebenher wurde der metergroße Schriftzug „Leave noone behind“ (Lasst niemensch zurück) mit bunter Kreide auf den Marktplatz gemalt.

Mehrfach kam es zu rassistischen Pöbeleien, die aber souverän zurückgewiesen wurden.
Zwei Segway-Bullen beobachteten die Kundgebung, um dann im Anschluss zum zeitgleich stattfindenden Tag der offenen Tür der Offenburger Bullen zu rollen.

Gegen die Festung Europa!
Für freies Fluten!
Fähren statt Frontex!

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„Das Gebet des Wildes“: Jäger*innenlatein vom Feinsten

Die Tage war ich im Wald unterwegs und entdeckte am Wegesrand ein Schild, auf dem ein „Gebet des Wildes“ geschrieben stand. Schon der Titel zeigte mir, woher der Wind wehte.

Hier das „Gebet“ in voller Länge:

Das Gebet des Wildes

Kommst du oh Mensch in dies’ Revier,
vergiss uns nicht wir leben hier.
Sind froh und dankbar, genau wie Du
gibt man uns Frieden und die Ruh’.
Wir bitten Dich, sei darauf bedacht:
Dir sei der Tag – lass uns die Nacht.
Drum wenn die Sonne geht zur Ruh’
verlasse dann den Wald auch Du.
Sei morgens nicht so zeitig hier
sonst störst Du uns und das Revier.
Vom Dämmern bis zum frühen Morgen
da müssen wir für Äsung sorgen.
Gar eng ist unser Paradies,
das uns die Technik übrig lies.
Lass uns die Dickung – bleib Du auf den Wegen
so kommst Du unserer Bitt’ entgegen.
Für Dein Verständnis danken Dir,
das Wild und auch der Pächter vom Revier.

Oberflächlich betrachtet ist das ein Apell an die Waldbesucher*innen, den Lebensraum von wilden Tieren zu respektieren. Das scheint ja erstmal okay zu sein. Schaut mensch genauer hin, wird daraus etwas ganz anderes. Nämlich ein Aufruf von Jäger*innen, ihre „Beute“ nicht zu stören. Begriffe wie „Wild“, „Revier“, Dickung“, Äsung“ und „Pächter vom Revier“ deuten darauf hin. Besonders „Äsung“ ist eine Vokabel aus der Jäger*innensprache und meint ganz allgemein die Nahrung der „Beute“. Und die Nahrungsaufnahme soll auf gar keinen Fall gestört werden, schließlich sollen Wildschweine, Rehe und andere Tiere schön fett sein, wenn sie erschossen und dann gegegessen werden. Das Wort „Wild“ bedeutet laut Bundesjagdgesetz nichts anderes als „wildlebende Tiere, die dem Jagdrecht unterliegen“.

Die Vermenschlichung von Tieren im Text ist wieder mal ein Hinweis auf die Heuchelei von Carnivor*innen: Die Tiere des Waldes sprechen mit den Leser*innen des „Gebetes“, sie scheinen „genau wie Du“ die gleichen Bedürfnisse zu haben, nämlich „Frieden und Ruh’“. Auch die Behauptung, Tiere würden beten, ist eine Vermenschlichung (auf so einen Quatsch, also das Beten, können doch wirklich nur Menschen kommen…). Doch all das hilft nicht viel: Am Ende des Tages werden sie halt doch abgeknallt und gegessen.

In anderen Kontexten wird Tieren natürlich vehement abgesprochen, „so zu sein wie wir“: Wie könnten es dann z. B. Jäger*innen rechtfertigen, fühlende, denkende Lebewesen zu töten? Wäre das dann nicht Mord? Immer wieder kritisieren Nichtveganer*innen jeder Couleur, wir würden Tiere vermenschlichen, weil wir und immer mehr auch die Wissenschaft ihnen bestimmte Fähigkeiten und Bedürfnisse zusprechen. Dabei ist das doch bei Fleischesser*innen besonders beliebt.

Alles in Allem ist das „Gebet des Wildes“ Jäger*innenlatein vom Feinsten. Anstatt sich ehrlich zu machen und z. B. zu schreiben „Leute, geht nicht in die Natur! Bleibt in euren Häusern und Städten! Wir wollen den Wald, die Wiesen, die Heide, die Berge und die Moore für uns alleine haben, damit wir in aller Ruhe die uns rechtmäßig zustehenden Tiere abknallen können. Das war schon im Feudalismus so und wir hätten gerne, dass das für immer so bleibt.“, schustern sie sich ein peinliches „Gebet“ zusammen, das tief blicken lässt.

Es ist unbenommen, dass der Zivilisationsdruck der Restnatur, die ja in den allermeisten Fällen in Deutschland eine vom Menschen geprägte Kulturlandschaft ist, stark zusetzt. Gerade in den Corona-Jahren hat der „Raus in die Natur“-Boom nochmal stark zugenommen. Und viele Menschen verhalten sich rücksichtslos gegenüber den verbliebenen Lebensräumen der noch in Freiheit lebenden Tiere. Aber das Hauptproblem sind ja nicht Menschen, die ihre rare Freizeit in der Natur verbringen wollen, sondern das kapitalistische Wirtschaftssystem, das durch seinen Wachstumszwang und sein Profitstreben, Ökosysteme ausbeutet und nachhaltig zerstört. Lebensräume von Tieren und Pflanzen sind nicht hauptsächlich durch Spaziergänger*innen, Wander*innen oder Mountainbiker*innen bedroht, sondern z. B. durch geplante Autobahnen, extensive Landwirtschaft mir ihren Monokulturen, Neubaugebiete, Lithiumminen oder Kohleabbau.

Daraus folgt dann das „Gar eng ist unser Paradies, das uns die Technik übrig lies.“. Dass diese „Technik“ kein Naturgesetz ist sondern das menschliche Einwirken in Ökosysteme und letzten Endes deren Zerstörung, hat im „Gebet“ keinen Platz. Und – wen wundert es – Jäger*innen sind überdurchschnittlich oft Akteur*innen in Konzernen, der Politik und Landwirtschaft, da die Jagd immer noch hauptsächlich von reichen und mächtigen Menschen (hauptsächlich Männer*, nur sieben Prozent sind Frauen*) betrieben wird, die tief im patriarchialen System verankert sind (So ist z. B. Finanzminister Lindner überzeugter Jäger). Ihre Verquickungen mit zerstörerischen Machenschaften werden immer wieder belegt und zeigen, dass es ihnen eben nicht um den Schutz der Tiere und deren Lebensräume geht sondern darum, ihrem blutigen Hobby zu fröhnen, nämlich Tiere zu ermorden.

Und ja, ich weiß, dass sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten etwas in der Jäger*innenschaft verändert und ökologische, nachhaltige Ansätze zu entdecken sind. Gerade junge Jäger*innen haben oft einen anderen Blick auf die Jagd, als der Alte Herr von der CDU. Es gibt sogar angeblich vegetarische und vegane Jäger*innen. Das ändert aber nichts an der tierbefreierischen Kritik der Jagd: Tiere sind keine austauschbaren Schachfiguren im Zahlenspiel der Waldwirtschaft oder dem Umbau des auszubeutenden Forstes in einen klimawandelresistenten Wald. Sie sind fühlende und leidensfähige Lebewesen, die als Individuen ein Recht auf ein unversehrtes und glückliches Leben haben. Darum lehne ich die Jagd ab.

Geschissen auf das „Gebet des Wildes“. Ich geh in die Natur, wann und wo ich das will und wenn ich den Jäger*innen dabei das „Wild“ vetreibe, hat es sich doppelt gelohnt.

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Menschenfeinde unter sich: Österreichischer Nazi macht Urlaub in Taliban-Knast

Endlich mal eine lustige Nachricht: Der österreichische Nazi und Burschenschaftler Herbert F., 84 Jahre alt, beschloss in Afghanistan Urlaub zu machen, um zu beweisen, dass es ein sicheres Land ist. Dies wiederum sollte zeigen, dass Abschiebungen in das von den durchgeknallten Taliban kontrollierte Land eine super Idee sind.
Jetzt wurde bekannt, dass der Nazi seit mehreren Wochen wegen Spionage in einem Taliban-Knast einsitzt.

Möge sein Urlaub noch möglichst lange dauern. Er sei ihm nach einem entbehrungsreichen, jahrzehntelangen Kampf für ein arisches Österreich gegönnt.

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Über die Toten nichts Schlechtes? Doch, über diesen hier schon…

Silvio Berlusconi ist tot. 86 Jahre lang hat er gelebt und im Nachhinein, wenn ich mir so in Erinnerung rufe, was ich mit seinem „Wirken“ verbinde, erscheint mir seine Vita wie eine Blaupause für Trumps politische Karriere.

Erst machte er Millionen als skrupelloser Unternehmer, dann ging er in die Politik, wo er mit Faschist*innen kooperierte und durch menschenfeindliche Aussagen und Entscheidungen auffiel. Er war ein dreckiger Kapitalist, korrupter Betrüger, mussoliniverehrender Rechtspopulist, Putin-Freund, Antisemit, homophober Sexist, widerlicher Rassist…you name it.

Seinen Einstand, als er zum zweiten Mal Ministerpräsident von Italien wurde, hatte er mit dem G8-Gipfel 2001 in Genua und den Protesten dagegen, die die 20.000 angekarrten Bullen völlig eskalierten: Carlo Giuliani wurde von Bullen ermordet. Hunderte von Menschen wurden verletzt und auf den Bullenwachen misshandelt und gefoltert.  Im Nachgang schlug der Repressionsapparat gnadenlos zu. Unzählige Gipfel-Gegner*innen wurden über Jahre hinweg mit Prozessen überzogen und teilweise zu langjährigen Knaststrafen verurteilt. Berlusconi sagte nach dem Gipfel zum Bulleneinsatz: „Ich stehe wie die übergroße Mehrheit der Italiener auf der Seite der Einsatzkräfte, die mit Mut und trotz Gefahren für die eigene Unversehrtheit das Gesetz, den Staat und alle Bürger verteidigt haben“.

Die heutige faschistische Ministerpräsidentin Meloni wurde unter Berlusconi 2008 Jugend- und Sportministerin.

„Ich hab gestohlen wie ein Rabe, und diese Idioten wählen mich 
trotzdem.“ 
                                                 Silvio Berlusconi
„Ich könnte mitten auf der 5th Avenue stehen und auf jemanden 
schießen, und ich würde trotzdem keine Wähler verlieren.“ 
                                                      Donald Trump

Berlusconi ist tot. Darauf stoße ich an.

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