Spendenaufruf: Wir sind alle linksunten – Unsere Solidarität gegen ihre Zensur!

[Originalaufruf auf knack.news]

Unsere Solidarität gegen ihre Zensur

Mal wieder demonstriert der Staat seine Wehrhaftigkeit gegen die „Gefahr von Links“ – diesmal trifft es die mutmaßlichen Archivar*innen des statischen Archivs von Indymedia linksunten.

Anfang August 2023 fand eine Razzia bei fünf Linken aus Freiburg statt. Es traf die gleichen Leute wie schon 2017, inklusive Beschlagnahmung von rund einem Dutzend Mobilgeräten und mehr als einem halben Dutzend Computern sowie etlichen Speichermedien. Die Staatsanwaltschaft will damit sechs Jahre nach Vereinsverbot durch den Bundesinnenminister die Aufrechterhaltung des Vereins beweisen. Die „Fortführung“ soll darin bestanden haben, ein Archiv der Open Posting-Seite verbreitet zu haben. [1]

Das Online-Portal, das 2009 zum Protest gegen den NATO-Gipfel online ging, entwickelte sich über die Zeit zu einem der wichtigsten linksradikalen Medien im deutschsprachigen Raum. Die Artikel und Medien auf dem Portal dokumentieren Proteste vom NATO-Gipfel 2009 in Strasbourg/Baden-Baden bis zum G20-Gipfel in Hamburg 2017, aber auch den in diese Zeit fallenden Aufstieg der AfD in Deutschland. In fast 250.000 Kommentaren wurden die Berichte eingeordnet, Recherchen ergänzt und viele lebhafte Debatten geführt.

Die Open Posting-Seite, auf der ohne Anmeldung Inhalte veröffentlicht werden konnten, ging nach dem Vereinsverbot 2017 offline. Nach einer Strafanzeige wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung eingeleitet. Anfang 2020 ging linksunten als statisches Archiv, also ohne die Möglichkeit neue Artikel zu veröffentlichen, wieder online und ist seitdem auch unter der alten URL wieder abrufbar. Das §129-Verfahren gegen die fünf Freiburger*innen wurde Mitte 2022 eingestellt. Radio Dreyeckland berichtete Ende Juli in einem Kurzartikel über die Einstellung des Strafverfahrens. [2]

Für diesen (mit einem Kürzel namentlich gekennzeichneten) Artikel wurde der RDL-Redakteuer wegen Unterstützung einer verbotenen Vereinigung vom Freiburger Staatsschutz angezeigt. Die Politstaatsanwaltschaft Karlsruhe übernahm den Fall und ließ bei dem Redakteur und dem presserechtlich Verantwortlichen von Radio Dreyeckland sowie in den Redaktionsräumen im Januar 2023 Hausdurchsuchungen durchführen. Das Landgericht Karlsruhe entschied letztinstanzlich Ende August, dass die RDL-Razzien rechtswidrig waren. Das Verfahren gegen den Redakteur wird jedoch weitergeführt – mit weitreichenden Konsequenzen.

Damit der RDL-Redakteur wegen der Unterstützung einer (durch das Bundesverwaltungsgericht im Januar 2020 unanfechtbar) verbotenen Vereinigung verurteilt werden kann, braucht es zwingend Menschen, die diese Vereinigung fortgeführt haben. Das Landgericht Karlsruhe war der Ansicht, dass ein Archiv nicht die Fortführung eines Vereins sein könne, der eine Open Posting-Seite betrieben hat. Aber das Oberlandesgericht Stuttgart widersprach und zeigte auf die „üblichen Verdächtigen“, die es bestimmt schon gewesen sein werden. Diese Sichtweise nutzte die Staatsanwaltscht Karlsruhe, um die Razzien bei den fünf Freiburger Linken am 2. August 2023 durchzuführen und das Amtsgericht Karlsruhe segnete die Razzien ab. [3] [4] [5]

Allein der Sachschaden durch die Razzia bei den vermeintlichen Archiv-Betreiber*innen geht in die Zehntausende. Aber das LKA schreckt auch nicht vor miesen Methoden zurück, nachdem sie wie beim letzten Mal auch dieses Mal auf Probleme bei der Entschlüsselung der Datenträger stießen. Das LKA drohte damit, bei Nichtherausgabe der Entschlüsselungspasswörter die Arbeitgeber*innen der Linken zu kontaktieren. Am nächsten Tag wurden zwei der Betroffenen, die sich nach einem Jobwechsel noch in der Probezeit befanden, gekündigt.

Die Kriminalisierung der Archivarbeit will nicht nur linke Perspektiven auf die Neueste Geschichte zensieren, der Staat will mit ihr auch die Macht über die Geschichtsschreibung an sich reißen und unabhängige Forschung und Recherche verhindern. Das linksunten-Archiv stellt nicht nur zeitgeschichtlich relevante Quellen bereit, es dokumentiert einen Teil unserer eigenen Geschichte. Wir wollen diese Geschichte an zukünftige Generationen weitergeben, denn sonst können sie weder aus unseren Fehlern lernen, noch sich von unseren Kämpfen inspirieren lassen.

Feuer und Flamme der Repression – Soli an alle Antifaschist*innen!
#wirsindallelinksunten

Wenn ihr helfen wollt und könnt, gibt es jetzt ein Solikonto bei der Roten Hilfe.
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Unterstützungen durch Soli-Veranstaltungen oder das Aufhängen von Plakaten und Flyern sind auch fantastisch! Schreibt dazu gern an: wirsindalle_linksunten@systemli.org (öffentlicher Schlüssel unten)

Links
[1] https://autonome-antifa.org/breve8756
[2] https://rdl.de/beitrag/ermittlungsverfahren-nach-indymedia-linksunten-verbot-wegen-bildung-krimineller
[3] https://netzpolitik.org/2023/linksunten-indymedia-die-suche-nach-einer-verbotenen-vereinigung/
[4] https://www.nd-aktuell.de/artikel/1175231.repression-freiburg-erneut-razzien-wegen-indymedia-linksunten.html
[5] https://www.jungewelt.de/artikel/456164.gegen-die-pressefreiheit-der-feind-steht-links-unten.html

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