baden-württemberg nach den landtagswahlen und die hoffnung auf veränderung
ich fange mal ganz nüchtern mit ein paar zahlen an:
mit 66,2 % war die wahlbeteiligung bei den diesjährigen landtagswahlen in baden-württemberg um einiges höher als noch vor fünf jahren. da lag sie bei 53,4 %
wahlberechtigt waren ca 7,8 millionen menschen ab 18 jahren mit deutscher staatsangehörigkeit.
insgesamt leben hier 10,75 millionen menschen. davon haben ca 1,18 millionen keinen deutschen pass und keine wahlberechtigung.
d.h., dass 2,95 millionen menschen von vorneherein von der demokratischen wahl des landtages ausgeschlossen waren.
und von den wahlberechtigten gaben 2, 64 millionen menschen ihre stimmen nicht ab.
dazu kommen noch ca 69 000 ungültige stimmabgaben.
also wurde am 26.03.2011 von 5,16 millionen menschen der landtag gewählt, der aber über die belange von 10,75 millionen menschen bestimmen will.
diese 5,16 millionen haben so gewählt, dass sich nun ein regierungswechsel ergeben hat und zum allerersten mal seit 1000 jahren (na ja nach 58 jahren) die cdu nicht an der regierung sein wird. diese stellen die grünen und die spd. ich kenne niemanden, der sich nicht über die niederlage von mappus und co freut. (und auch das jämmerliche unter 1 % ergebnis der nazipartei npd ist erstmal als positiv zu bewerten, da nun keine wahlkampfkostenerstattung in die leeren kassen der braunen fließt.) aber ich kenne auch kaum jemanden, der euphorisch den sieg der grünen und der spd gefeiert hat.
dass der regierungsaustausch veränderungen mit sich bringen wird, ist klar. es werden sicher auch ein paar darunter sein, die ich gut finde.
aber wer glaubt, dass wir nun in ein goldenes…äh grünes…äh rotes…atomstromfreies zeitalter ohne klüngel, lobbyismus und vetterleswirtschaft gestreichelt werden, hat die rechnung ohne das system gemacht.
es ist das selbe system, das aus einem frankfurter straßenkämpfer einen kriegstreibenden herrenmenschen gemacht hat, aus einem ehemaligen raf-anwalt und grünen der ersten stunde einen fanatischen überwachungshardliner. es ist das system, das sozialdemokrat_innen und basisdemokratische ökos in kriegsbefürworter_innen und hartz IV-abnicker_innen verwandelte. das gleiche system, in dem parlamentarische entscheidungsträger_innen in den aufsichtsräten der (energie-) konzerne sitzen oder nach ihrer politischen karriere dort lukrative posten erhalten. das system, in dem konzerne entscheiden, was gut für uns ist und was schlecht.
es wird zu keinen grundlegenden veränderungen kommen. das ist nach keiner einzigen wahl der weltgeschichte geschehen und das wird es auch in zukunft nicht. das system kann das system nicht verändern. macht korrumpiert unumgänglich. dafür gibt es so viele beispiele in der geschichte. aber mir fällt keines ein, das das gegenteil belegen würde.
vielleicht wird der unterirdische bahnhof nicht gebaut. vielleicht wird der atomausstieg in naher zukunft wirklichkeit.
aber die nächsten menschenverachtenden geldmaschinen werden schon erdacht und auf unseren rücken errichtet. nur wenn wir uns aufrichten und uns in augenhöhe begegnen, uns auf die wirklich wichtigen dinge besinnen und unsere belange selbst in die hände nehmen, beenden wir den teufelskreis aus macht und geld.
solange wir nur die wahl der qual haben und alle vier oder fünf jahre unsere stimmen abgeben und das als das non plus ultra an politik begreifen, wird es immer wieder untergrundbahnhöfe und atomkraftwerke geben. sie werden uns weiter mit wasserwerfern die augen ausschießen und damit davon kommen. sie werden die ganze welt verstrahlen und es uns als „nicht bevölkerungsgefährdend“ verkaufen (und das im wortsinn). sie werden weiter kriege führen, um an der macht zu bleiben und waffen zu verscherbeln. sie werden uns total überwachen und präventiv bestrafen und es (innere) sicherheit nennen. sie werden die erde in die luft jagen und es uns als gratisfeuerwerk anpreisen. und solange wir dazu nur blöken wie die schafe auf dem weg zur schlachtbank, wird das auch so bleiben.
der ruf nach einer revolution schien bis vor einem viertel jahr nur noch ein romantisches überbleibsel aus vergangenen tagen zu sein. doch die ereignisse in nordafrika und teilen arabiens zeigen uns wieder, dass es möglich ist, direkt einfluss zu nehmen, ohne auf die nächste wahl zu warten, ohne bittsteller_innen zu sein.
wir sollten endlich unsere eigenen revolution machen. sie wird sicher nicht so perfekt und rein sein, wie wir uns das in unseren linksradikalen nischen erhoffen, aber sie wird sein und sie wird grundlegende veränderungen bringen.
„wir wollen die soziale revolution, und es ist nichts peinlich daran, darüber zu reden und davon zu träumen.“ [früchte des zorns]