organize!

[seit winter 2013 hat die ortenau wieder eine anarchistische gruppe. und ich bin mit dabei. gestern sind wir in die öffentlichkeit des internets getreten: die anarchistische initiative ortenau. hautnah könnt ihr uns auf unserer gründungsfeier am achten märz im alarmraum offenburg erleben.]

hier dokumentiere ich unser vorläufiges selbstverständnis.]

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Selbstverständnis der Anarchistischen Initiative Ortenau

Wer sind wir?
Wir sind Menschen, die in einer Gesellschaft ohne Gewalt und Herrschaft leben wollen. Die Tatsache, dass die Welt derzeit weit von diesen Idealen entfernt ist, ist der Grund dafür, dass viele von uns sich seit Jahren in verschiedenen Zusammenhängen und Kämpfen engagiert haben und wir uns nun seit Winter 2013 in der Anarchistischen Initiative Ortenau organisieren.

Was wollen wir nicht? Was wollen wir?
Als Anarchist*innen1 lehnen wir Herrschaft von Menschen über Menschen ab. Diese zieht sich durch alle Lebensbereiche, Staaten und Gesellschaften, durch Kindheit, Bildung, Lohnarbeit hin bis zum Tod. Sie bringt all die Unterdrückungsformen mit sich, die wir überall jederzeit miterleben müssen: Sexismus, Homophobie, Rassismus, Antisemitismus, Nationalismus, Umweltzerstörung, Armut und Hunger.
Kapitalismus ist eine der stärksten Formen von Herrschaft. Der ihm innewohnende Zwang zu Profit und Wachstum zerstört die Natur, quält und tötet Milliarden von Lebewesen und droht das Leben auf der Erde u.a. durch den Klimawandel für zukünftige Generationen unmöglich zu machen.
Der bürgerliche Rechtsstaat ermöglicht durch seine Gesetzgebung das Funktionieren des Kapitalismus. Dadurch sind Staat und Kapitalismus heutzutage untrennbar miteinander verwoben.
Dagegen setzen wir eine hierarchiefreie Gesellschaft, in der alle Menschen nach ihren Bedürfnissen leben können. Wir bevorzugen ein solidarisches Miteinander, ohne Zwang zum Funktionieren, das dem Individuum die Freiheit lässt, immer ja oder nein sagen zu können, ohne dass diese an unveränderliche Bedingungen oder Regeln geknüpft wäre.
Die Produktion von Gütern und Energie und die Angebote von Dienstleistungen sollen sich an den Bedürfnissen der Menschen orientieren und würden sich ökologischen und sozialen Belangen unterordnen. Dezentral, selbstverwaltet und selbstbestimmt könnte so gewirtschaftet werden, ohne die Ökosysteme des Planeten und damit die Menschheit zu vernichten.
Der Alltag ermöglicht die Teilhabe am politischen, sozialen und kulturellen Leben der jeweiligen Gesellschaft. Diese Teilhabe ist Voraussetzung für eine freie Entfaltung des einzelnen Menschen.
Alle Belange sollen von allen Betroffenen mitbestimmt und entschieden werden können. Dafür braucht es keine Nationen von Millionen von Menschen, sondern kleine Gemeinschaften, Kommunen und Föderationen, in denen der einzelne Mensch für sich und seine Bedürfnisse selbst eintreten kann.

Wie sieht unsere Praxis aus?
Die Einsicht, dass wir noch weit von einer anarchistischen Gesellschaft entfernt sind, entmutigt uns nicht.
Wir wollen nicht auf die Revolution warten oder darauf hoffen, dass am Ende der Zeit sich alles zum Guten entwickeln wird, sondern wir wollen schon heute – jetzt – unseren Teil dazu beitragen. Alle Gesellschaften wurden und werden von Menschen gemacht und können darum auch von ihnen verändert werden. Die Geschichte zeigt auch, dass einst als unumstößlich geltende Gesellschaftsformen sich im Laufe der Zeit gewandelt haben, z. B. die Entwicklung von der Monarchie zur Demokratie. Es ist möglich, eine Gesellschaft grundsätzlich umzustrukturieren.
Um diesen Prozess anzustoßen, ist es wichtig, dass wir einerseits als Individuen vorleben, dass eine andere Gesellschaft möglich ist, indem wir in unserem Umfeld versuchen, unsere Ansprüche zu leben. Dass dies im jetzigen Alltag nur begrenzt möglich ist, ist uns klar.
Andererseits wollen wir uns als Gruppe in Diskussionen, soziale Bewegungen und Kämpfe einbringen und mit Veranstaltungen und Demonstrationen unsere Ideen öffentlich machen. Wir wollen uns vernetzen und als Ansprechpartner*innen in unserer Region zur Verfügung stehen. Kontakte zu und das Arbeiten mit Menschen, die sich nicht explizit als Anarchist*innen verstehen, sind für uns wichtig und alltagspolitisch notwendig. Darum sind wir für punktuelle und langfristige Bündnisarbeit offen. Dabei wollen wir unsere anarchistischen Ideale nicht verleugnen und wir müssen immer wieder neu prüfen, wie weit wir dabei gehen wollen.
Innerhalb der Gruppe tauschen wir uns über aktuelle Entwicklungen aus, diskutieren über viele Themen und versuchen unsere (anarchistischen) Positionen und Ideen zu vertiefen, zu erweitern und zu reflektieren.
Wir verstehen uns als offene Initiative und freuen uns über Gleichgesinnte und Interessierte, die zu uns stoßen wollen.

Anarchistische Initiative Ortenau (Stand Februar 2014)

Kontakt:
Email: a-ini-og@immerda.ch (öffentlicher schlüssel)
Web: aiog.noblogs.org
Post: Anarchistische Initiative Ortenau, c/o Alarm e.V., Postfach 10 01 61, 77621 Offenburg

1Das “*”, das sogenannte Gender-Gap, ist der Versuch, in der Schriftsprache alle Geschlechter zu berücksichtigen.

 

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alexandra dukhanina: „da waren nur infame lügen und brutaler zwang“

[dieser text ist eine übersetzung von mir aus dem englischen. den artikel findet ihr hier und hier. das russische original hier.]

abschließende stellungnahme in einem moskauer gericht am fünften februar 2014 der anarchistin alexandra dukhanina (naumova), angeklagt wegen gewalt gegen polizeibeamt*innen während einer kundgebung der opposition auf dem moskauer bolotnaya platz am sechsten mai, 2012.

alexandrazuerst dachte ich, dass dieser ganze fall eine art verrückter fehler und unsinn wäre. aber jetzt, nach dem anhören der reden der staatsanwält*innen und nachdem ich herausfand, was die haftbedingungen sind, die sie für uns alle fordern, realisierte ich, dass sie sich an uns allen rächen. sie rächen sich, weil wir dort gewesen sind und sahen, wie alles wirklich geschah. wer die zusammenstöße provozierte, wie die menschen geschlagen wurden, die ungerechtfertigte grausamkeit. sie rächen sich an uns, weil wir nicht klein beigeben und unsere nichtexistierende schuld eingestehen. nicht während den ermittlungen, noch während des prozesses. sie rächen sich auch, weil ich ihnen nicht bei ihren lügen half und mich weigerte auf ihre fragen zu antworten.

es muss eine gewichtige sache sein, derer ich mich schuldig gemacht habe. und sie ist es wert dafür mit sechs jahren in einer strafkolonie bestraft zu werden. es war niemand anderes einer solchen bestrafung wert, nur wir sind übrig: sie haben angst vor echten kriminellen, die fremden, die ihnen im weg standen, wurden eingesperrt und sie rühren ihre eigenen leute nicht an. es ist nun an ihnen, euer ehren, zu entscheiden, wie sie ihnen helfen können, auf kosten unserer schicksale glücklicher zu werden, wie sie neue posten, dienstgrade und auszeichnungen bekommen können.

aber, letzten endes, warum sechs jahre? was sind die „mindestens acht gezielten würfe“, die ich machte? woher kamen sie? auf wen habe ich gezielt und wen habe ich getroffen? acht verschiedene polizeibeamt*innen? oder acht mal die zwei polizeibeamt*innen, weswegen ich angeklagt wurde? falls das so ist, wie oft und welchen von ihnen? wo sind die antworten auf all diese fragen? letzten endes sollten sie zuerst mal detaillierte beschreibungen machen und beweise erbringen und nur dann einsperren – schließlich sind es sechs jahre lebenszeit. das ist gar nicht komisch. aber jetzt sieht es nicht mal wie eine lüge aus. es ist lügende demagogie ohne fakten, die mit den leben von menschen spielt. was wäre, wenn sie 188 videos hätten und nicht acht? würden sie dann behauptet haben, dass ich 188 mal geworfen hätte?

es sind zwei polizeibeamt*innen der omon (otryad mobilniy osobogo naznacheniya, eng. special purpose mobile unit, dt. mobile spezialeinheit; nigra) gegen die ich gewalt angewendet habe. sie haben sie gesehen. sie sind zwei- oder dreimal so groß wie ich und sie trugen körperprotektoren. eine*r von ihnen spürte gar nichts. der andere wurde nicht von mir verletzt und erhob keine klage gegen mich. ist das der massenaufstand und die gewalt für die ich sechs jahre ins gefängnis gehen soll?

oh, ich vergaß die kvass (russisches sodagetränk; nigra) – die flasche allein ist schon fünf jahre wert und acht gezielte würfe mögen das restliche jahr ergeben. jetzt, da sie mir das gesagt haben, kenne ich immerhin den preis von kvass. und können sie mir auch sagen wo mein massenlandfriedensbruch beginnt und endet und wo gewalt gegen polizist*innen beginnt? und was ist der unterschied zwischen diesen beiden dingen? ich habe irgendwie nicht richtig verstanden: welche brandstiftung? angriffe? zerstörung fremden eigentums? und wo bin ich bei all diesen dingen? was habe ich kaputt gemacht? was habe ich angezündet? was habe ich zerstört? mit wem habe ich eine verschwörung angezettelt? was beweist auch nur eines dieser dinge? kurz gefasst, ich bekomme vier jahre wegen artikel 212 [aus dem strafgesetzbuch der russischen föderation, bezogen auf massenunruhen], nur weil ich da war? also ist meine anwesenheit auf einer ursprünglich friedlichen kundgebung die massenunruhe, an der ich teilgenommen habe? da ist nichts außer eben das. schauen sie sich diese menschen an. sie sind keine mörder*innen, diebe oder betrüger*innen. uns alle einzusperren wäre nicht nur ungerecht, sondern erbärmlich.

viele menschen haben vorgeschlagen, dass ich gestehen und mich entschuldigen solle, dass ich sagen solle, was die ermittler*nnen hören wollten. aber ihr wisst, dass ich es nicht für geboten halte, mich bei diesen menschen zu entschuldigen. es ist die regel in diesem land, dass vollzugsbeamt*innen absolut unberührbar sind, obwohl es viele bekannte berichte über sie im zusammenhang mit schutzgelderpressungen und drogenhändler*innen, prostitution und vergewaltigung gibt. Erst kürzlich gab es einen solchen fall in der region lipetsk.

die inhalte der anklagen gegen uns sind nicht nur lächerlich, sie sind absurd und basieren nur auf aussagen von polizeibeamt*innen der omon. also, was haben wir hier, wenn eine person epauletten trägt? ist sie dann automatisch ehrlich und heilig?

euer ehren, in den acht monaten dieses verfahrens haben sie von der verteidigung genug beweise für unser aller unschuld erhalten. wenn sie uns nun in ein gefangenenlager schicken, werden sie leben und schicksale für nichts zerstöre! wollen die behörden so verzweifelt zeigen, wie wir bestraft werden, dass sie für solch eine tat bereit sind? beamt*nnen, vergewaltiger*nnen oder polizist*innen … [unverständlich] eine bewährungsstrafe zu geben ist normal: sie sind die unberührbaren, sie sind von eurer art. aber wir können im gefängnis dahinsiechen – wer sind wir schon, wir sind nicht einmal reich. aber aus irgendeinem grund bin ich sicher, dass ich sogar im gefängnis freier sein werde, als viele von ihnen, weil ich ein reines gewissen habe. und die, die in freiheit bleiben, die mit ihrer sogenannten verteidigung von ordnung und freiheit weiter machen, werden auf ewig in einem käfig mit ihren kompliz*innen leben.

ich kann meine fehler zugeben und falls ich durch die wahrheit und durch fakten überzeugt hätte werden können, dass ich etwas illegales getan habe, hätte ich das zugegeben. aber kein mensch hat jemals irgendetwas erklärt: da waren nur infame lügen und brutaler zwang. durch zwang können sie … [unverständlich]. und das wurde mir alles angetan. aber durch zwang und lügen kann nichts bewiesen werden. und kein mensch bewies meine schuld. ich bin mir sicher, dass ich im recht und unschuldig bin.

ich würde gerne mit einem zitat aus „zwiebelchen“ (orig. it. il romanzo di cipollino; nigra) von gianni rodari enden:

„-mein armer vater! du wurdest ins gefängnis gesteckt wie ein krimineller, mit dieben und banditen.
-was redest du da, sohn, – unterbrach ihn sein vater. – es sind viele ehrenhafte menschen im gefängnis!
-aber warum sind sie eingesperrt? was für böse dinge haben sie getan?
-genaugenommen gar nichts, sohn. darum wurden sie eingesperrt. prinz lemon mag keine anständigen menschen.
-im gefängnis zu sein ist eine große ehre?, fragte er.
-so scheint es nun zu sein. gefängnisse wurden gebaut für die, die stehlen und morden, aber unter prinz lemons herrschaft ist alles anders herum, diebe und mörder sind in seinem palast und ehrbare menschen sind im gefängnis.“

mehr über alexandra dukhanina:

alexandra dukhanina – eine anarchistin, eine aktivistin in der sozialen bewegung, verteidigerin des tsagovsky-waldes und eine teilnehmerin von occupy abai – wurde am 27. mai 2012 inhaftiert. sie wurde angeklagt anhand paragraf 212, absatz 2 des strafgesetzbuches der russischen föderation (bezogen auf unruhen) und paragraf 318, absatz 1 (gewalt gegen regierungsbeamt*innen) im zusammenhang mit geschehnissen auf dem bolotnaya platz am sechsten mai 2012. am 29. mai entließ richterin natalya dudar vom gericht im stadtteil basmanny/moskau in den hausarrest. anwalt dmitry efremov sagt, dass alexandra abstreitet, gewalttaten begangen zu haben und in dem videomaterial, auf dem die anklagen beruhen, ist nicht klar zu sehen, was von alexandra geworfen wird und gegen wen. die derzeitigen anschuldigungen können auf eine gefängnisstrafe von drei bis acht jahren hinauslaufen. (aus http://wiki.avtonom.org/en/index.php/Alexandra_Dukhanina)

 

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les flics en bresil

die tage erschien die februarausgabe der gai dao. von zapatismus über science-fiction bis hin zu pjotr kropotkin findet ihr eine große bandbreite an interessanten themen. auch von mir gibt’s eine kleine übersetzung eines aufrufs der federation anarchiste „Nein zur Kooperation der Polizeien!“ und einen kurzen input „Grenzübergreifende Polizeiarbeit“.

diese könnt ihr hier lesen:

Nein zur Kooperation der Polizeien!
Lang lebe die internationale Solidariät!

28. November 2013

Ende 2013, nach den Demonstrationen, die einige Monate vorher stattgefunden hatten, ging die französische Polizei, die CRS (Compagnies Républicaines de Sécurité; franz. für Sicherheitskompanien der Republik), nach Brasilien, um Polizeibeamt_innen des „Shock Battalions“ (Batalhão de Choque – BPCHq ) der Militärpolizei von Rio de Janeiro zu trainieren.

Der Zweck des Austausches zwischen den beiden Polizeikräften war der Informationsaustausch darüber, wie auf Riots und Vandalismus zu reagieren ist und wie gewalttätige Gruppen und Plünderungen zu kontrollieren sind im Hinblick auf Veranstaltungen, die während der Fußballweltmeisterschaft der Männer 2014 und den Olympischen Spielen 2016 stattfinden werden.

Die französische Polizei scheint darauf spezialisiert zu sein, mit Protestdemonstrationen fertig zu werden und Menschenmengen zu kontrollieren.

Die französische Regierung hat schon in der Vergangenheit ihre Eile gezeigt, repressive und militärische Hilfe zu bringen:

  •  Während der „Operatin Condor“, die in einer präventiven Gegenrevolution zugunsten der südamerikanischen Diktatoren in den 1970er Jahren bestand, wurden tausende von politischen Gegner_innen ermordet oder sie verschwanden.
  • Die französische Polizei brachte ihre im Algerienkrieg erworbene „Erfahrung“ (Folter, Techniken der Gegenguerilla, Nachbarschaftskontrolle) ein. Ein Resultat davon waren insbesondere die Aktivitäten der „Todesschwadronen“
  • In jüngster Zeit, zu Beginn der Revolution in Tunsien, bot die französische Regierung ihre Dienste an, um zu intervenieren und dem Regime bei der Unterdrückung der Protestbewegung zur Hand zu gehen. Frankreich hat auch Polizeiausrüstung an Ben Ali geschickt.
  • 2010 intervenierte Frankreich mit Ordnungskräften der öffentlichen Gewalt und der Staatssicherheit in Ägypten, um ihnen „Crowd Management bei Großveranstaltungen“ zu lehren.
  • Ganz zu schweigen vom militärischen Eingreifen in Afrika und anderswo…

Polizeistaaten werden alles tun, um die Protestbewegungen zu ersticken, die in Brasilien, Mexiko, Nordafrika und anderswo entstehen.

In Brasilien prallen die Geldsummen, die für die riesigen Projekte der Weltmeisterschaft aufgewendet werden, mit der Wirklichkeit einer Bevölkerung zusammen, die für ihre Rechte, für größere Gleichheit und soziale Gerechtigkeit kämpft.

Unsere Antwort muss die Errichtung wirklicher Solidarität sein, um der Repression durch die Polizei, dem Elend und der Ausbeutung zu begegnen.

Wir verurteilen auf das Schärfste diese repressive Politik und laden alle libertären Organisationen ein, sich den Protestbewegungen anzuschließen, um ihnen Unterstützung und logistische und technische Hilfe anzubieten, über ihre Aktionen zu berichten und Netzwerke der Solidarität gegen Polizeirepression zu gründen, zusammen mit der Internationalen der anarchistischen Föderationen (ifa@federation-anarchiste.org).

deutsche bullen flics francaises 2009grenzübergreifende polizeiarbeit

nicht nur der französische und der brasilianische staat arbeiten auf polizeilicher ebene zusammen. seit jahren nehmen gemeinsame ermittlungen, datenaustausch und einsätze zu. zunächst beschränkt auf die bekämpfung von terrorismus, internationaler (drogen-) kriminalität und von fußballrandale bei internationalen spielen, hat sich der handlungsraum schnell auf migration und die sozialen bewegungen ausgeweitet.

es wird die ganze bandbreite an repressionsmethoden angewandt: uniformierte polizeitruppen, zivilbeamt*innen, beobachter*innen, undercoverpolizist*innen und internetspezialist*innen.

so ist es innerhalb der eu gängig, dass in grenzgebieten die jeweiligen polizeien gemeinsam auf streife gehen, ermitteln und daten austauschen.

bei demonstrationen kommt es immer wieder vor, dass polizist*innen der nachbarländer mit beobachtender funktion anwesend sind, z.b. im dreiländereck deutschland-frankreich-schweiz.

besonders intensiv war die zusammenarbeit zwischen frankreich und deutschland während des nato-gipfels 2009. hier wurden nicht nur informationen ausgetauscht, sondern auch wasserwerfer und manpower. grundlage dafür ist der prümer vertrag von 2005.

die uniformierten einheiten sind beim einsatz leicht zu erkennen und einzuordnen. schwerer bis unmöglich ist dies bei spitzel*innen.

2010 wurde der britische undercoverpolizist mark kennedy, bzw. stone,enttarnt: über viele jahre war er mit dem wissen der jeweiligen staaten, international im einsatz und hat die weltweite radikale linke ausspioniert.

viele weitere international tätige undercoverpolizist*innen wurden seither enttarnt und ihre internationale tätigkeit aufgedeckt. aber immer noch gehört diese mieseste aller polizeiarbeiten zur gängigen praxis.

begegnen sich hier zwei oder mehrere staaten auf „augenhöhe“, sieht es beim beispiel frankreich/brasilien anders aus: repressive entwicklungshilfe könnte mensch dies nennen. einer der mächtigsten westlichen industriestaaten gibt den behörden eines „schwellenlandes“ nachhilfe in demokratischer unterdrückung von protest und widerstand. crowdcontrol als exportgut. und auch hier mischt deutschland seit 1989 vorne mit: deutsche polizist*innen bilden z.b. im rahmen der eupol afghanistan mission seit 2002 afghanische polizist*innen aus. hier geht es nicht nur um die reine ausbildung, sondern um taktiktraining, grenzsicherung, aufbau von infrastruktur und übergabe von ausstattungsmaterial. auch in der türkei werden polizist*innen von den deutschen behörden ausgebildet.

so wird auf internationaler ebene, auch auf öffentlichen kongressen, das know-how staatlicher repressionsmethoden entwickelt und ausgetauscht. ziel ist dabei immer mehr, flüchtlingsbewegungen und revolutionäre entwicklungen frühzeitig zu erkennen, zu kanalisieren oder ganz im keim zu ersticken.

links zum weiterlesen:

 

 

 

 

 

 

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250 für die befreiung von mensch und tier

unter dem motto „wiesbaden pelzfrei – total liberation“ demonstrierten über 250 menschen gegen die ausbeutung von mensch und tier.

 war das motto der demos der letzten jahre nur „wiesbaden pelzfrei“, hatten sich die organisator*innen erstmals dazu entschlossen sowohl im motto wie auch im aufruf auf die gemeinsamkeiten der ausbeuterischen verhältnisse hinzuweisen, die mensch und tier gleichermaßen betreffen: eine gesellschaft ohne tierausbeutung ist mit dem kapitalismus nicht zu haben. eine gesellschaft ohne ausbeutung von menschen durch den menschen auch nicht.

auf dem bahnhofsplatz waren ca. zehn stände aufgebaut, gut bewacht von bestens ausgerüsteten polizeieinheiten. hier konnte mensch sich über veganismus, antispeziesismus, tierrechte, gnadenhöfe, tiertransporte, pelzindustrie und viele andere unterthemen informieren. dazu gab es viele vegane speisen, wie torten, burger und chili und musik aus der konserve. kam hier beim infomaterial der aspekt der „total liberation“ noch zu kurz, wurde dies spätestens mit der auftaktrede eines menschen der orga-gruppe nachgeholt: er schilderte die beweggründe, die dazu führten, dass sich die „wiesbaden pelzfrei“-demo in diesem jahr mit dem zusatz „total liberation“ schmückte und ab nächstem jahr nur noch „total liberation“ heißen wird. der kampf für tierrechte ist sinnlos, solange wir nicht auch für die menschenrechte einstehen. beides ist untrennbar miteinander verbunden. der kapitalismus schafft mit seinen produktionsweisen leid und es ist ihm egal, ob die leidtragenden tiere oder menschen sind: profit muss erwirtschaftet werden und dafür muss alles zu ware werden.

so wurde bei fast jedem zwischenstopp der demo (vor pelzläden, metzgereien, mc donalds, tchibo, deutsche bank, nordsee,…) auf die auswirkungen der kapitalistischen wirtschaftsweise auf tiere, auf menschen und auf die erde hingewiesen.

ausdauernd demonstrierte die menge über drei stunden durch die gesamte innenstadt, leicht umgemodelte, altbekannte linke parolen rufend und flyer verteilend. die demo wurde die gesamte zeit über von einem lockeren polizeispalier begleitet, immer bereit, „sensible“ ziele wie pelzläden und metzgereien zu schützen.

die explizite bezugnahme auf linke inhalte, die einsicht, dass die systemfrage auch von tierrechtler*innen gestellt werden muss und die radikale ablehnung der kapitalisitschen produktionsweise erweiterten den horizont der demo ungemein. das kam gut bei den teilnehmer*innen an und hielt esoterisch-religiös-rechte spinner*innen fern.

untill every cage is empty.
für die soziale revolution.

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herzlich willkommen im anarchistischen netzwerk südwest*!

vor kurzem ist das anarchistische netzwerk südwest* gewachsen und nun ist es offiziell. hier die meldung von der a-netz-seite:

AI2

Kaiserslautern/Kusel: Juhu – wir sind im A-Netz!

Die Anarchistische Initiative Kaiserslautern/Kusel gibt es nun schon seit längerem. Obwohl anfangs nur eine kleine Gruppe junger IdealistInnen hatten wir den Wunsch, uns überregional zu organisieren um die anarchistische Sache an sich und nicht nur bei uns zu Hause zu stärken.

Jetzt ist ein erster Schritt dazu getan: Am Anfang diesen Jahres wurden wir ins Anarchistische Netzwerk Südwest aufgenommen. Damit sind wir auch Mitglied der Föderation deutschsprachiger AnarchistInnen, die international vernetzt ist.

Wir freuen uns auf die zukünftige Zusammenarbeit in A-Netz und FdA und hoffen, unseren Beitrag zu einer großen anarchistischen Bewegung leisten zu können.

Ein Hoch auf die Anarchie!

 

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no tav italien: sie schossen auf unsere beine. sie wissen nicht, dass wir schon zu fliegen gelernt haben!

[dieser text ist eine übersetzung von mir. die englische version findet ihr hier und hier.]

bekanntmachung von mailänder notav genoss_innen zu den festnahmen vom 09.12.2013

zu den festnahmen wegen „terrorismus“ gegen no tav

notav_siamoam montag, den 9.12.2013, wurden aufgrund von haftbefehlen, erlassen von den turiner staatsanwält_innen paladina und rinaudo, in turin und mailand durchsuchungen durchgeführt und vier genoss_innen festgenommen. die angeführten gründe sind die angriffe gegen die tav-baustelle in chiomonte, die in der nacht vom 13. auf den 14.05.2013 stattgefunden hatten. die genauen anschuldigungen wiegen schwer: artikel 280 und 280-bis („angriff mit terroristischen zielen, terroristischer akt mit tödlichen waffen und sprengstoffen, besitz von kriegswaffen, zerstörungen“)

viele menschen werden sich noch daran erinnern, als unbekannte in der nacht erschienen, enorme schäden auf der baustelle anrichteten und auf die gleiche art verschwanden, wie sie kamen. und genau darauf bezog sich eine öffentliche versammlung, einberufen von der no tav bewegung in bussoleno, die die sabotage, als eine mögliche praxis, nützlich und notwendig für den no tav kampf, bezeichnete.
klassiker der gewaltfreien aktion (captini, ghandi, mandela) wurden zur unterstützung der sabotage herangezogen, während andere verschiedene kampfformen in erinnerung riefen, von denen der menschen unter militärischer besatzung bis zu den aktionen gegen atomkraft, von den partisan_innenkämpfen bis zu den wichtigen erfahrungen der arbeiter_innenbewegung.

obwohl die medien daraus terrorismus inszenierten, hörten die sabotageakte nicht auf. sie erhielten weitverbreitete sympathien in ganz italien. die letzten ereigneten sich vor ein paar tagen zum schaden von einigen beteiligten firmen in turin. verschiedene journalist_innen, meinungsmacher_innen, politiker_innen und staatsanwält_innen (samt dem nichtkleinzukriegenden anführer caselli) beteten ihre litanei vom terror herunter, informierten über das „risiko eines qualitativen sprungs“, stellten vergleiche zu den „bleiernen jahren“ an und schwafelten so weiter. natürlich wurden die „schlechten lehrer_innen“, die „spelunken“und „geheimen flugblätter“ nicht ausgelassen, die in wahrheit harmlose romanautor_innen, kneipen und texte, die öffentlich während den demonstrationen verteilt wurden, waren.

was folgte: die eröffnung der prozessakten unter dem gesichstpunkt des terrorismus gegen no tav aktivist_innen im tal (mit den oben erwähnten durchsuchungen), gut beworbene treffen der „anti-terrorist_innen-pools“ der büros der staatsanwält_innen aus den verschiedenen städten und heute die handschellen. die benutzung des begriffs „terrorismus“ zielt darauf ab, die bewegung zu schwächen, die menschen von den kämpfen abzuspalten und diese als eine weit entfernte realität, unfassbar und unglaublich gewalttätig, darzustellen. dieser begriff beschwört eine ganze welt herauf. es geht darum, ihn über ihnen einstürzen zu lassen. im fadenkreuz stehen nicht nur vier selbstlose genoss_innen, die wir alle kennen und lieben, sondern der ganze kampf im tal.

das potential dieses kampfes voranzubringen, ist unsere antwort.

‘a sarà düra. (sinngemäß: es wird hart.)
genoss_innen aus mailand

falls ihr nachrichten der solidarität an die genoss_innen schreiben wollt:
chiara zenobi, mattia zanotti, niccolò blasi, claudio alberto
c.c. via maria adelaide aglietta 35
10151 torino, italia

(*im original „this term recalls a whole world“: weiß da jemensch eine sinnvolle übersetzung für „recall“? hat sich dank eines indymedia linksunten kommentars erledigt. danke.)

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radioactive people: das anarchistische radio berlin

a-radioberlinheute wurde der novemberrückblick des anarchistischen radios berlin online gestellt. ich höre mir ja jeden monat ihre sendung an und finde immer wieder beiträge, die mich fesseln und mir zeigen, dass anarch@s echt überall auf der welt aktiv sind. dazu gibts im aktuellen rückblick passend zu meiner letzten übersetzung „yolandas folgen – autonome initiative“ einen bericht über die mobile anarchist school in manila und ihre projekte. auf der website findet sich auch eine direkte bankverbindung, an die ihr für die schule spenden könnt:

Kon­to­ver­bin­dung für Spen­den:
Bank: Bank of the Phil­lip­pi­nes Is­land (BPI)
Adres­se der Bank: Mon­til­la­no St., Ala­bang, Mun­tin­lu­pa City, Phil­ip­pi­nes
Kon­to­in­ha­ber*in: Te­re­si­ta P. Pe­rey­ra
Kon­to­num­mer: 5836 4603 34
SWIFT-​Code: BO­PIPHMM

des weiteren finden sich historische und aktuelle berichte und gerade das finde ich am a-radio generell gut, dass sie eine passende mischung aus beidem hinbekommen und dabei kritisch hinschauen, mal ernst, mal mit spaß.

es lohnt also, sich einmal im monat  für 30 minuten zeit zu nehmen und den rückblick des anarchistischen radios berlin anzuhören. ich mach das meistens während des geschirrspülens…

 

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ortenau fast hundertprozentig vegan!

Burger-Kingzumindest legte dies ein artikel im allseits beliebten stadtanzeiger nahe: „Die beiden Fälle (von Tierquälerei; nigra) hatten hohe Wellen geschlagen: Gleich zwei Mal waren dieses Jahr in der Ortenau Tiere gequält worden“. cool, dachte ich, nur zwei fälle von tierquälerei.

als ich dann weiter las, wurde schnell klar, dass die ortenau doch nicht zu einem veganen schlaraffenland geworden war. die beiden ausnahmefälle von tierquälerei waren nicht die letzte massentierhaltung, ein illegaler tiertransport, ein letzter zirkus mit wildtieren, eine heimliche haustierentsorgung, der untergrundschlachthof, ein klandestines reitturnier oder verbotene tierversuche, sondern zwei fälle, in denen jemensch

„einem Wirbeltier

a) aus Rohheit erhebliche Schmerzen oder Leiden oderb) länger anhaltende oder sich wiederholdene erhebliche Schmerzen oder Leiden“

(§17 tierschg)

zugefügt hat.

einmal hatte ein junger mann ziegen in einem freigehege so stark verletzt, dass sie eingeschläfert wurden. im anderen fall hatte eine frau pferde mit säure verletzt. auch hier wurde ein tier eingeschläfert.

nun wird im artikel vom autor und einem oberpsycholigierat der polizei überlegt, ob die taten „schnöde Rache oder einfach krankhaft“ waren.
dass solchen taten psycohlogische störungen zugrunde liegen können, ist bekannt. auch aus rache handeln manche menschen brutal gegen andere lebewesen. aber das sind im vergleich zum älltäglichen leid der tiere einzelfälle.

was mich an diesem artikel ärgert, ist die mir ins gesicht schlagende ignoranz all den tieren gegenüber, die jeden tag leiden und sterben. warum ist die ziege im freigehege oder das pferd im stall besonders schützens- und erwähnenswert, die im offenburger schlachthof ermordeten 60.000 schweine und 2.500 rinder aber nicht? die für mich nicht nachvollziehbare unterscheidung zwischen haustier und nutztier scheint sich hier wieder mal zu zeigen. einem tier, zu dem mensch eine beziehung hat, fügt er/sie weniger leid zu, als einem tier, das im weit entfernten schlachthof getötet wird, damit mensch ein leckeres schnitzel essen kann. sprich, während egon seinen bello krault, kann er sich ohne gewissensbisse eine currywurst reinziehen.

das tierschutzgesetzt ist teil des bürgerlichen gesetzbuches und eher ein tiernutzungsgesetz. es regelt, was wir alles mit tieren machen dürfen und was nicht und bleibt dabei so schwammig und vielseitig, dass jeden tag millionen tiere in deutschland gequält und ermordet werden dürfen. auch hier erfüllt der staat seine aufgabe, nämlich eigentum zu schützen und so das kapital zu stützen. tiere sind eigentum, sind kapital, ware, fleisch, geld. dafür darf dann schon mal ein bischen gequält werden…

eine vegane gesellschaft ist im kapitalismus nicht umsetzbar, da so ziemlich alles, auch die tiere, zur ware werden musste.

aber genauso wie ich im hier und jetzt für den anarchismus eintrete, setze ich mich auch für den veganismus ein. für ein weniger falsches leben im falschen. kapitalismus niederbrennen.

go vegan.

 

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mit der kuh auf du und du…muh!

mad-cow-pathogen deutschtja, auch anarchist_innen und veganer_innen werden manchmal krank und stehen dann in der apotheke und warten darauf, dass ihr (hoffentlich veganes) medikament endlich gefunden wird. da das diesmal sehr viel zeit in anspruch nahm, schaute ich mich im medizinladen um und entdeckte ein umfangreich bestücktes info-regal. hauptsächlich werbeflyer und broschüren der pharmaindustrie, so à la „schizophrenie – was nun?“ und „die prostata – aufgaben und erkrankungen“. mir fiel besonders eine flugschrift ins auge, da auf ihr eine flasche milch abgebildet war. da wird der veganer in mir hellhörig und aufmerksam. der titel war ein poetischer hochgenuss: „mit der kuh auf du und du.“ das reimte sich und was sich reimt ist gut, oder?

bei genauerem hinsehn stellte sich der flyer als werbung für ein laktose-intoleranz-mittel heraus. das sind so mittel, die es menschen ermöglichen, kuhmilch zu konsumieren, obwohl sie sie nicht vertragen: sie würden mit blähungen, übelkeit, kotzen, chronischer müdigkeit, schlechter laune, unruhe und vielem mehr reagieren. die ursache ist, dass mit der entwöhnung von der muttermilch auch die produktion des milchzuckerabbauenden enzyms laktase nahezu eingestellt wird. etwa 75 % der erwachsenen menschen weltweit haben eine laktose-intoleranz. wobei das wort „intoleranz“ hier mehr als fehl am platz ist, da es ja gar nicht vorgesehen ist, dass sie artfremde muttermilch nach dem säuglingsalter zu sich nehmen. es spricht ja auch niemand von zyankali-intoleranz oder crack-intoleranz. manche stoffe sollte mensch halt einfach besser meiden. der vollständigkeit halber sei erwähnt, dass vor etwa 7500 jahren im heutigen österreich und ungarn, wo intensiv viehwirtschaft betrieben wurde, eine mutation bei den dort lebenden menschen auftrat: sie führte dazu, dass die laktose-intoleranz abnahm. das scheint was mit den schlechteren sonnenlichteinflüssen und der vitamin-d-versorgung zu tun gehabt zu haben. je weiter südlich wir uns bewegen, desto höher wird die sonneneinstrahlung und die laktose-intoleranz bei menschen (eine ausnahme bilden die nachfahren der sträflingskolonist_innen in australien).

nun halte ich diese laktose-intoleranz-umgehungs-geschichte an sich nicht für weiter verwerflich (abgeshen von ihrem unveganem charakter), schließlich haben wir uns in etlichen anderen bereichen ja auch vom naturzustand entfernt: wir nutzen unzählige errungenschaften der zivilisation, um uns das leben angenehmer zu machen oder unserem puren hedonismus zu fröhnen. das ist nicht immer gesund und die folgen auch nicht.

was mich als vegan lebender mensch an diesem flyer abstößt ist der titel: „mit der kuh auf du und du.“ mit wem bin ich auf „du und du“? normalerweise mit menschen, die mir nahe stehen, die ich mag, mit freunden, bekannten und verwandten. wenn wir uns mal die hiesige milchwirtschaft anschauen, egal ob bio oder konventionell, wird uns schnell klar, dass hier kein platz für ein „du“ ist. auch wenn der biobauer erwin seinen 34 kühen noch namen gibt, dienen sie, genau wie beim industriehof, nur einem zweck: milch zu produzieren, kälber zu gebären und fleisch zu werden. die kuh ist ware wird geld wird kühe werden waren werden geld… zusätzlich zu diesem banalen, aber fatalen kapitalistischen kreislauf muss ich als vegan lebender mensch das leid der kuh in den vordergrund stellen. wo ist hier das persönliche, zärtliche „du“? wo ist hier eine beziehung? sie beruht auf herrschaft, ausbeutung, schmerz und mord. dieses unglaublich zynische herstellen einer netten beziehung überblendet ihren wahren charakter und erinnert mich an die wandbilder an vielen metzgereien: sie zeigen lachende schweine und zufriedene kühe und suggerieren einen zustand, den es nicht gibt: das tier begibt sich gern, freiwillig und fröhlich in den tod. sie kaschieren das leid und die schmerzen der geschändeten individuen. und viele sind zufrieden damit. ich nicht.

die milchflasche steht auf einer blumenwiese, an sie gelehnt ist ein glas mit milch. mit der kuh auf du und du…

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yolandas folgen und autonome initiative (philippinen)

[diesen text habe ich aus dem englischen übersetzt. den originaltext findet ihr hier. natürlich habe ich das ganze nicht nur zum selbstzweck getan, sondern auch mit der aufforderung, der autonomen initiative geld zu spenden. meldet euch hierfür direkt bei aschool(at)riseup.net]

yolanda ist einer der zerstörerischsten taifune, die die philippinische inselgruppe heimgesucht haben. er schlug auf die region visaya ein, teilweise leyte und einige teile von cebu und panay. der supertaifun yolanda ließ die inselgruppe mit tausenden von toten, zerstörten geschäfts- und wohnhäusern und stromausfällen zurück. landwirtschaft und existenzgrundlagen wurden weggeschwemmt, was milliardenverluste verursacht. die zerstörung ist so umfangreich, dass sie sich unvorstellbar auf die überlebenden auswirken wird.

die reaktion der regierung verursachte bei der bevölkerung mehr verwüstung

die philippinische inselgruppe wird von katastrophen, die durch stürme verursacht werden als erstes getroffen. das ist allgemeinwissen, unmöglich zu übersehen, ganz besonders nicht von der regierung, von der angenommen werden sollte, dass sie die autorität in sachen vorbereitung und wiederherstellung sei. die große zahl von toten verteilt in leyte ist der unfähigkeit der regierung geschuldet, vorbereitende maßnahmen zu treffen, die opferzahlen so gering wie möglich zu halten. die philippinische regierung hat nichts gelernt aus unseren erfahrungen mit sturmflutverwüstungen.

berichte über plünderungen und gewalt in tacloban city und anderen gemeinden zeigen die auswirkungen einer dreckigen politik, gleichgültigkeit und korruption. die unfähigkeit der regierung, systematische und effektive reaktionen zu zeigen, brachte die menschen dazu, gewalttätig zu werden. der lebensmittelmangel ist nicht das hauptproblem. die aufmerksamkeit der ganzen welt ist seit den letzten wochen auf die philippinen gerichtet. die spenden und unterstützung in form von geld, naturalien und dienstleistungen sind überwältigend.

schiffe vollgeladen mit gütern liegen in reihen in den häfen von cebu und manila. milliarden (hier ist wohl in philippinischen pesos gerechnet. 1 € = 60 php; der übersetzer) ergießen sich in die bankkonten der regierung und medienkonzerne. ungeachtet dessen rangeln die opfer miteinander, um essen zu bekommen. das gefühl des mangels und der lebensmittelunsicherheit brachte die menschen dazu, gewalttätig zu handeln.

diese katastrophe ist eine der verheerendsten, deren zeugin die weltweite gemeinschaft wurde. der geist der solidarität ist herzerwärmend und sehr effektiv, was die bergung und wiederherstellung angeht, aber die korrupten praktiken der regierung untergruben diese solidarität. zwei wochen nach dem entsetzlichen ereignis sind die menschen in leyte immer noch hungrig, obdachlos und auf der suche nach medizinischer versorgung. nutzlose und gefährliche materialien gibt es überall. die preise von bedarfsgütern, wie z.b. lebensmittel und medizin, stiegen fast um das doppelte. die unzureichende stromversorgung ist ein lukratives geschäft, welches die opfer ausbeutet. lokale unternehmen boten den leuten ladeservices für deren notlampen und handys zu überteuerten preisen an.

grundsätzlich ist die unfähigkeit der regierung, schnell und angemessen zu reagieren, viel verheerender.

in diesem zusammenhang hat die mobile anarchist school sich entschieden zu handeln und führte direkte aktionen durch. wir setzten eine aktion an, die sich dem korrupten einfluss der regierung entziehen konnte. wir baten um unterstützung vom local autonomous network (lan), unabhängigen kollektiven und gruppen und internationalen netzwerken.

strom ist der knackpunkt, wenn es um prozesse des wiederaufbaus und der bergung geht. also fokusierten wir unsere anstrengungen, um ein 150-watt-photovoltaik-system zu vervollständigen, um der gemeinde für ihre notlampen, taschenlampen und handys einen kostenlosen aufladeservice anzubieten. nachdem wir eine woche um unterstützung gerungen hatten, konnten wir ein 160-watt-photovoltaik-panel, ein 10-amper-photovoltaik-kontroll-ladegerät, einen 500-watt-dc-ac-wandler und eine 12 volt/50 amper-starter-batterie zusammenstellen.

reisen zwischen den inseln

autonomous initiative journeyam 20. november begannen wir mit der reise. unser team mit vier freiwilligen reiste vollgepackt mit verpflegung für eine woche. wir richteten auch hilfsgüter-pakete für 15 familien. wir stellten sicher, dass unsere ausrüstung funktionsfähig und in gutem zustand ist. eine busreise ist der einfachste und billigste weg, um nach leyte zu kommen. wir verließen cubao quezon city um 9 uhr morgens und befuhren die straße, die manila, laguna und quezon miteinander verbindet. dann nahmen wir die fähre, um das meer zwischen sorsogon und samar zu überqueren.

während der reise sahen wir die massive verwüstung in vielen gemeinden in leyte. yolandas ansturm begann direkt nachdem wir san juanico überquerten, eine brücke, die samar und leyte verbindet. die situation in tacloban ist relativ ruhig. die menschen versuchen übriggebliebene, nützliche materialien zu sammeln und zu verwerten, um ihre häuser auf der rückseite der stark zerstörten stadt wieder aufzubauen. da wir keine reisemöglichkeit mit einem öffentlichen verkehrsmittel finden konnten, mieteten wir einen teuren geländewagen, um zur gemeinde von san miguel zu gelangen. wir erreichten barangay libtong, san miguel am 21. november um vier uhr nachmittags.

der einsatz des photovoltaikladegeräts

tag 1

unser eigentlicher einsatz begann am 22. november. wir luden mindesten 40 taschenlampen und handys auf und hatten noch mehr, die wir am folgenden tag aufladen wollten. wir führten informelle gespräche mit den familien und ließen sie von ihrem unglück, ihrem kummer und ihren schwierigkeiten erzählen. unglücklicherweise ging unser plan, kostenlose telefongespräche und internetverbindungen anzubieten, nicht auf, da es an netzwerksignalen mangelte.

tag 2

sonnenlicht war wegen des tiefdruckgebiets, das regen brachte, selten. wir entschieden uns, den einsatz zu beenden, um unsere batterie für effektive aufladeeinsätze aufzuladen. wir arrangierten interviews und diskussionen mit leuten vor ort und den beamt_innen von barangay, um daten zu sammeln. mehr telefone und handys wurden gebracht, um aufgeladen zu werden. ab dem nachmittag nahmen wir keine mehr an und baten die menschen, später wiederzukommen, da wir nur sehr begrenzte mengen aufnehmen konnten.

tag 3

wir beginnen wieder mit dem aufladeeinsatz. mehr menschen kommen und warten darauf, bedient zu werden. gut, dass die sonne den ganzen tag über schien und wir in der lage waren, über 30 einheiten aufzuladen. wir reduzierten die anzahl der einheiten, um eine unterspannung (?) zu vermeiden. wir beobachteten die verteilung von hilfsgütern durch beamt_innen von barangay und die philippinische luftwaffe.

tag 4

wir akzeptieren weiterhin telefone und taschenlampen, aber wir können nur eine begrenzte anzahl aufladen. die kapazität unserer photovoltaikanlage kann nur 30 einheiten am tag versorgen. so vermeiden wir das entleeren unserer batterie.

tag 5

wir führten eine anleitung für lokale freiwillige durch, die unsere photovoltaikausrüstung instandhalten und den aufladeservice weiterhin anbieten werden. wir stellten sicher, dass die freiwilligen, den einfachen prozess des einsatzes und der aufrechterhaltung des kostenlosen aufladeservices lernten.

wir wollen unbedingt nach ormoc city reisen. von dort aus nehmen wir die fähre nach cebu, von wo aus wir mit dem flugzeug nach manila fliegen werden. wir müssen pünktlich in quezon city sein, da wir eine klimakonferenz mit einem evangelischen netzwerk haben.

zukunftswege

die inkompetenz und korruption in der regierung erwies sich als verheerender, als der supertaifun selbst. wir rufen die menschen, die kollektive, den privaten sektor und die autonomen netzwerke dazu auf, direkt zu handeln. vermeidet den regierungsprozess, weil güter und nachschub nur in vorratsdepots landen, zu denen nur die behörden zugriff haben. es gibt viele berichte über unregelmäßigkeiten. wir wurden zeug_innen, wie die behörden die grundversorgungsgüter zu ihren eigenen zwecken kontrollieren. tausende reissäcke und güter werden von den behörden zurückgehalten und nur in kleinen einheiten an die familien ausgegeben, die keinen zugang zu den grundversorgungsgütern haben.

wir für unseren teil würden gerne unsere photovoltaikanlage mit einem 300 wattpanel, einem 30 amper-photovoltaik-kontroll-ladegerät, einem 2500 watt-dc-ac-wandler und zwei versorgungsbatterien aufstocken, um mehr handys und taschenlampen aufnehmen zu können. wir werden ein photovoltaik guerilla autonomes reaktions team organisieren, das bei jeder katastrophe und jedem stromausfall sofort reagieren wird.

in der ersten dezemberwoche planen wir, ein camp zu organisieren, das hilfgüter, medizinische einsätze und stressaufarbeitung anbietet. der umfang des einsatzes wird von der unterstützung und der teilnahme von direkten und ausgedehnten netzwerken abhängen.

für anfragen oder spenden, die diese initiatve betreffen, meldet euch bitte beiaschool(at) riseup.net

lan[wenn ihr die bilder anklickt, werden sie größer.]

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