ich hab ja schon ein paar mal darüber nachgedacht, etwas über das phänomen „pegida“ zu schreiben. genug hass dazu hätte ich. aber irgendwie war mir dann immer meine zeit dafür zu schade.
nun lese ich ja ab und an (naja, täglich…) die taz, denn manchmal steht da ja doch was schlaues drin. und in der heutigen ausgabe hat josef winkler mir die arbeit abgenommen und eine exzellente, tiefschürfende und ausgewogene kolumne über pedida geschrieben. die will ich euch nicht vorenthalten, habe sie auf taz.de einfach geklaut und faul hier reinkopiert. winkler spricht mir aus dem herzen. danke. [„kniebiesler“ ist übrigens ein bayrisches schimpfwort und bedeutet so viel wie „halbstarker oder unreifer bursche“]
Das Letzte
von Josef Winkler
Heute ist Ängsteernstnehmen modern. Darf man über Pegida trotzdem noch Witze machen? Nur, wenn einem noch welche einfallen.
Ich weiß nicht: Darf man jetzt Witze über Pegida machen, oder fühlen die sich dann verunglimpft und verdoppeln sich aus lauter Trotz gleich wieder? Es heißt ja, dass man die Sorgen und Ängste dieser Bürger ernst nehmen muss. Oder war’s wahrnehmen? Annehmen? Jedenfalls irgend so was Sozpäd-„reden wir darüber“-Mäßiges, wie bei einem pubertierenden Teenager, bei dem man Angst hat, ihm allzu entschieden mit Vernunft zu kommen, weil er sonst noch komplett austickt und die Bude anzündet, in den Briefkasten scheißt oder sich was antut. Weil Pubertierende ja kein Gehirn im landläufigen Sinn haben.
Ach, Pegida. Mich regt da ja der Name schon auf. Aber was erwartet man von einer „Bewegung“ aus einem Land, in dem 60 Prozent der Bevölkerung Ronny, Peggy oder Mandy heißen. Die „Pegida-Bewegung“ – das klingt so ostig-medizinisch und, natürlich denkt man sofort an Darmbewegung und mit unschönem Geräusch verbundene Ausscheidungen, und so falsch liegt man da ja auch nicht. Dresden, Hauptstadt der Peristaltik.
Klar, früher hätte man gesagt: Jammer-Ossis, macht mal halblang! Grad mal aus der Glotze wissen, wie eine Moschee aussieht, und zwar schon mal läuten hören, dass es im Islam kein Christkind gibt und die Nase abgeschnitten wird, wenn man die Burka falschrum anzieht, aber freilich nicht in unserem Viertel, weil da gibt’s ja gar keine Muslime – aber pompös auf Bürgerrechtler machen gegen die „Islamisierung des Abendlandes“, als könnte der Islam was dafür, dass ihr zu doof wart, irgendwas aus den ca. 536 Fantastilliarden Aufbaukohle zu machen, die wir seit 25 Jahren zu euch rüberbuttern. Hätte man früher gesagt. Kann man heute nicht mehr so sagen. Heute ist Ängsteernstnehmen modern. Das sind nicht alles Nazis, werden wir ermahnt.
Wobei klar ist: Die Nazis waren ja auch nicht alle Nazis. Viele von denen waren zum Beispiel nur kackblöde Idioten. Oder verdummte Saudeppen. Auch vollidiotisierte Kniebiesler, gefühlskalte Wixer, empathiefreie Drecksäcke, frustrierte armselige Würstchen, gewalttätige Arschlöcher, selbstgerecht-zynische Brunzkacheln waren dabei, damals, und einem ähnlich breiten Spektrum menschlicher Dummbratzigkeit bietet jetzt eben Pegida ein Dach.
Man würde am liebsten…
Und da kann es dann schon reichen, ein deppertes Arschloch zu sein, und wenn man dann auf der Pegida-Demo rumsteht und vielleicht gar noch seine moosdoofe Fresse aufreißt, um einen kretinoiden Slogan zu plärren, den man sich von dem rechten Dreckspack, das die Party hier organisiert, ins Hirn hat scheißen lassen, dann könnt’s schon passieren, dass man für einen Nazi gehalten wird. Und wenn dann einer sagt, schau mal, Nazis!, dann tun sie verunglimpft und singen Weihnachtslieder, dass man am liebsten …
Ach, wenn ich überlege, mir fallen eh keine Witze über Pegida ein. Ich weiß auch, dass es unfair ist, die ganze Scheiße als ostdeutsches Phänomen darzustellen, aber hey … Es muss jetzt auch wirklich mal eine Ruhe sein. Dies war meine letzte Wortklauberei-Kolumne. Ich bedanke mir sehr fürs Lesen all die Zeit und wünsche das Beste fürs neue Jahr und weit darüber hinaus. Servus.